Eine »Bild« für Franziskus

Ein italienischer Verlag des Berlusconi-Clans bringt die erste Papst-Wochenzeitschrift heraus

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Viele bunte Bilder, wenig Text: Mit der Wochenzeitschrift »Il mio Papa« bekommt Papst Franziskus sein eigenes Fanzine.

Wer an den Kiosk geht, wird geradezu erschlagen von der Masse an Fachzeitschriften, die die Regalwände bedecken. Sie widmen sich einer Myriade verschiedenster Themen: Mode, Reisen, Kochen und Inneneinrichtung - Bereiche, die möglicherweise ein großes Publikum interessieren. Man findet aber auch Publikationen über alte Landmaschinen, Cake Design, Webkunst oder Bayerische Archäologie, mit denen wohl eher weniger Italiener etwas anfangen können.

Und dann gibt es auf der ganzen Welt eine, die sich einzig und allein mit einer Person befasst: mit Jorge Mario Bergoglio, der als Papst Franziskus Geschichte macht. Sie heißt »Il mio Papa«, mein Papst, und liegt ab sofort jeden Mittwoch frisch am Kiosk. Das bedeutet, dass eine Gruppe von Redakteuren sich Woche für Woche Themen ausdenken muss, die irgendwie mit dem Papst zu tun haben. Vielleicht nicht die schwierigste Aufgabe: Franziskus ist zum Medienstar geworden in den zwölf Monaten, die er schon im Amt ist. Das »Times« Magazin kürte ihn zur »Person des Jahres 2013«.

»Il mio Papa« ist volkstümlich: Viele große bunte Bilder, wenig Text, einfach geschrieben. Ebenso populär ist auch der Preis: Die ersten vier Ausgaben kosten nur 50 Cent, danach wahrscheinlich das Doppelte. Für den ersten Monat ist eine Gesamtauflage von satten 3 Millionen Exemplaren geplant.

Ein lächelnder Papst, ein Papst, der ein kleines Kind küsst und ein Papst am Mittagstisch: Menschlich präsentiert sich die erste Nummer. Dazu der Satz »Habet den Mut, glücklich zu sein«, der - so heißt es auf dem Titelblatt - »unser Leben schöner macht«. Im Heft dann Artikel mit Überschriften wie »7 Tage an Seiner Seite«, »Das Haus, in dem Er lebt«, »Interviews mit den Gläubigen auf dem Petersplatz« und gleich zwei große Poster zum Ausklappen. Ganz wie in der Teenager-Zeit, in der man sein Idol über das Bett hing und nachts anhimmelte.

Aber die Redakteure haben sich noch mehr ausgedacht: Jede Woche erscheint in der Zeitschrift das Kapitel eines Buches über Franziskus. Die kann man heraustrennen und binden, wenn man einmal alle Teile zusammen hat. In jeder Ausgabe gibt es außerdem einen Artikel über eine Organisation, die sich vom Papst inspirieren lässt, und den »Heiligen der Woche«. Wer Bergoglio im Fernsehen bewundern will, bekommt dafür Programmhinweise. Locker und selbstironisch werden Karikaturen aus der ganzen Welt und Papstwitze abgedruckt. Und auch die Leser kommen dran: Sie werden aufgefordert, Kurzgeschichten und vor allem Gedichte über den Papst einzuschicken, die dann veröffentlicht werden.

Aldo Vitali ist Chefredakteur der Zeitschrift und steht voll hinter seinem Berichtgegenstand: »Unser Papst ist eine Figur, die mit Empathie, Kraft, Mut und Einfachheit alle in ihren Bann gezogen hat, egal ob man gläubig ist oder nicht«. Die Idee zu der Zeitschrift sei entstanden, weil die Wahl des neuen Papst die öffentliche Aufmerksamkeit wieder stärker auf ethische, religiöse und moralische Themen gelenkt habe. Mit Hilfe von »Il mio Papa« sollen die Menschen »die Taten und Worte von Franziskus erzählen und teilen« können.

Gleichzeitig ist Aldo Vitali Chefredakteur der größten italienischen Fernsehzeitschrift »TV Sorrisi e Canzoni«, die wöchentlich über Stars und Sternchen berichtet. In der Vergangenheit fiel sie vor allem mit einem auf: der wohlgesonnenen Berichterstattung über den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der wegen Steuerhinterziehung vorbestraft ist. Kein Zufall: Die TV-Zeitschrift erscheint genauso wie »Il mio Papa« im Verlag »Mondadori«, der zum Berlusconi-Imperium Fininvest gehört und von seiner Tochter Marina Berlusconi geleitet wird. Dem Erscheinen der Pontifex-Zeitschrift ist eine monatelange Marktanalyse vorausgegangen um herauszufinden, womit man Leser gewinnen kann. Mit einem Papst lässt sich offenbar gut Geld verdienen, auch wenn er Armut und Bescheidenheit predigt.

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