Nur ein symbolischer Vorstoß

Rot-grüne Bundesländer müssen sich bei der Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft der Großen Koalition beugen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Drei Länder wollen eine unbürokratische Regelung beim Doppelpass, sind aber praktisch chancenlos. SPD-Politikerin Malu Dreyer bezeichnete das Anliegen nun als Zugeständnis an die Grünen.

Nach großen Ankündigungen, sich für die komplette Abschaffung des Optionszwangs für in Deutschland geborene Kinder von Migranten einsetzen zu wollen, musste die rheinland-pfälzische SPD nun klein beigeben. Ministerpräsidentin Malu Dreyer teilte mit, ihr Land sowie die Regierungen von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wollten »keine große Vorstellung im Plenum, sondern eine Verweisung in den Bundesratsausschuss«. Der Vorstoß der drei Länder wird also voraussichtlich im Bundesrat versanden. In der Länderkammer, wo der Antrag am 14. März eingebracht werden soll, dürfte er ohnehin keine Mehrheit bekommen. Denn die rot-grünen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sowie das alleine von den Sozialdemokraten regierte Hamburg sind skeptisch.

Diese Länder werden wohl dem Willen der Bundes-SPD folgen. Die Parteispitze hatte erklärt, Grundlage für eine neue Regelung sei der Koalitionsvertrag mit der Union. In dieser Vereinbarung steht, dass Kinder von Migranten auch in Deutschland aufgewachsen sein müssen, um die doppelte Staatsbürgerschaft zu behalten. Aus Sicht von Bundesinnenminister Thomas de Maizière sollen eine bestimmte Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik oder ein deutscher Schulabschluss Voraussetzungen für den sogenannten Doppelpass werden. In den kommenden Wochen will der CDU-Politiker dem Bundestag einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen. Kritiker fürchten angesichts der Pläne von de Maizière einen großen bürokratischen Aufwand. Bisher müssen sich in Deutschland geborene Kinder von Nicht-EU-Ausländern bis zum 23. Lebensjahr für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden.

Dreyer erklärte nun, dass die Initiative für eine unbürokratische Lösung beim Doppelpass auch ein Zugeständnis an die Grünen sei. Diese stellen im von Grün-Rot regierten Baden-Württemberg mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten. In Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sind sie Juniorpartner der Sozialdemokraten. Der Verweis der Mainzer Regierungschefin auf ihren kleinen Koalitionspartner ist durchaus bequem. Denn die Grünen haben nicht ihre Unterschriften unter den Koalitionsvertrag mit der Union gesetzt und sind somit auch nicht an diesen gebunden.

Dagegen waren Ministerpräsidenten und Landesminister der SPD an den Koalitionsverhandlungen mit der Union beteiligt. Dreyer sagte allerdings, man könne nicht davon ausgehen, dass eine Regelung aus dem Koalitionsvertrag im Bund zwangsläufig für eine Koalition in einem Land gelte. »Deshalb muss es auch die Freiheiten geben, dass man ab und an eine Bundesratsinitiative startet«, so die Sozialdemokratin.

Obwohl auch Politiker in der Bundeshauptstadt davon ausgehen konnten, dass das Vorhaben der drei Länder allein schon aufgrund der großen schwarz-roten Mehrheit im Bundestag keine Aussicht auf Erfolg haben konnte, hatten einige Funktionäre der Union empört reagiert. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl drohte gar mit einem Bruch der Großen Koalition. Ursache für diesen und ähnliche Ausbrüche der Christdemokraten ist, dass es im Bundesrat eine theoretische Mehrheit von SPD, Grünen, Linkspartei und der Minderheitenpartei SSW gibt. Diese könnten, wenn sie sich einig sind, mit eigenen Initiativen immerhin Druck auf die Bundesregierung ausüben. Die Union will dies in Zukunft möglichst verhindern und hatte sich deswegen öffentlich bei der Spitze der Bundes-SPD über den Vorstoß der sozialdemokratischen Landespolitiker beklagt - offenbar mit Erfolg.

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