Juristisch noch nicht fertig

Bundesverwaltungsgericht prüft die Rechtmäßigkeit der Dresdner Waldschlößchenbrücke

  • Sven Eichstädt, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die umstrittene Brücke im Dresdner Elbtal ist zwar längst eröffnet, hält aber weiterhin die Gerichte auf Trab. Demnächst wahrscheinlich auch ein europäisches.

Der juristische Streit um die Waldschlösschenbrücke in Dresden nimmt auch nach ihrer Eröffnung kein Ende. Nachdem sich am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht damit befasste, könnte der Fall demnächst sogar den Europäischen Gerichtshof beschäftigen.

Grund für das mögliche Aussetzen des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgerichts und der Vorlage von Fragen vor dem Europäischen Gerichtshof ist, dass die Auslegung von bestimmten Fragen des Europarechts, die im Zusammenhang mit dem Brückenbau stehen, umstritten ist. Anwalt Martin Gellermann, der die Grüne Liga Sachsen vertritt und den Baubeschluss von Februar 2004 für rechtswidrig erklären lassen will, überreichte dem Gericht mehrere Fragen, die er von den Luxemburger Richtern geklärt wissen will.

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier signalisierte Offenheit für dieses Anliegen: »Wir werden uns bei jeder einzelnen Frage gründlich überlegen, ob wir diese aufgeworfene Frage dann dem Europäischen Gerichtshof vorlegen werden.« Sollten sich die fünf Richter des neunten Senats zu diesem Schritt entschließen, bedeutete dies, dass bis zu einer Entscheidung mindestens zwei weitere Jahre vergingen, da die Verfahrensdauer in Luxemburg etwa anderthalb Jahre beträgt und das Verfahren in Leipzig erst nach einer Entscheidung in Luxemburg fortgesetzt werden könnte.

Mit ihrer Revision richtet sich die Grüne Liga gegen ein Urteil des sächsischen Oberverwaltungsgerichts von Dezember 2011, das sie aufgehoben wissen will. Die Bautzner Richter hatten damals die Berufung der Umweltschützer gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden von Oktober 2008 zurückgewiesen und damit dem Brückenbau zunächst den juristischen Segen erteilt. Anwalt Gellermann monierte vor dem Bundesverwaltungsgericht die Arbeit der Bautzner Richter und machte fünf Verfahrens- und Aufklärungsrügen geltend, weil sie Beweisanträge etwa für neue Gutachten abgelehnt hatten.

Der Vorsitzende Richter Bier sah »Fehler in der Rechtsanwendung des Oberverwaltungsgerichts«, weil es den Umweltverbänden bestimmte Beteiligungsrechte abgesprochen hatte, was in der Juristensprache als Präklusion bezeichnet wird. »Es spricht vieles dafür, dass das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an die Einwendungen durch die Umweltverbände überdehnt hat«, erläuterte Bier.

Der juristische Streit zwischen der Landesdirektion Sachsen, deren Vorgängerbehörde, das Regierungspräsidium Dresden, den Brückenbau genehmigt hatte und der Grünen Liga beschäftigte sich außerdem mit Fragen des Naturschutzes. Für den zehn Jahre alten Baubeschluss hatte die Behörde im Jahr 2003 eine Prüfung der Auswirkungen auf die Umwelt angestellt, die die Umweltschützer als unzureichend ansehen. Sie kritisierten unter anderem, dass die Behörde bezweifelt, dass im Schutzgebiet des Elbtals in Dresden die Schmetterlingsart Spanische Flagge vorkommt.

Richter Bier meldete »erhebliche Zweifel« an dieser Verträglichkeitsprüfung an und kritisierte, dass dabei die Käferart Eremit außer Acht gelassen worden sei. Eine weitere Kritik der Umweltschützer und des Senats richtete sich gegen die frühere Entscheidung der Behörde, Teile des Elbtals in Dresden für den Brückenbau aus dem Vogelschutzgebiet herauszunehmen. Der Verlauf der Elbe ist in Sachsen zwischen Schöna im Süden und Mühlberg im Norden nach europäischem Naturrecht geschützt.

Umstritten zwischen der Landesdirektion und dem Umweltverband ist weiterhin die Frage, ob sich die Klage gegen einen Bescheid der Behörde für das Einfügen des Brückenbogens im Jahr 2010 schon deshalb juristisch erledigt hat, weil dieses Einschwimmen des Mittelteils der Brücke eben schon beendet worden ist - wofür die Landesdirektion argumentierte.

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