nd-aktuell.de / 08.03.2014 / Kommentare / Seite 23

Faktische Straffreiheit

Zur Rechtslage in der DDR

1950 entschied das Kammergericht Berlin, dass der § 175 in der gesamten DDR in seiner bis 1935 gültigen Fassung anzuwenden sei. Sieben Jahre später verfügte dasselbe Gericht, »daß bei allen unter § 175 alter Fassung fallenden Straftaten weitherzig von der Einstellung wegen Geringfügigkeit Gebrauch gemacht werden soll«, was eine faktischen Straffreiheit der Homosexualität unter Erwachsenen bedeutete. Im Strafgesetzbuch der DDR von 1968 legte § 151 eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren für gleichgeschlechtlichen Sex mit Nichtvolljährigen fest. Im August 1987 begründete das Oberste Gericht der DDR seine Aufhebung eines Urteils nach § 151 damit, dass »Homosexualität ebenso wie Heterosexualität eine Variante des Sexualverhaltens darstellt. Homosexuelle Menschen stehen somit nicht außerhalb der sozialistischen Gesellschaft, und die Bürgerrechte sind ihnen wie allen anderen Bürgern gewährleistet.« Im Dezember 1988 strich die Volkskammer den Paragraphen dann ersatzlos. Nach Inkrafttreten des Gesetzes im Juli 1989 legte § 149 StGB-DDR ein einheitliches Schutzalter von 16 Jahren für homo- und heterosexuelle Handlungen fest. nd