nd-aktuell.de / 11.03.2014 / Politik / Seite 1

Krim driftet weiter Richtung Russland

Moskau kündigt Vorschläge an / Merkel und von der Leyen drohen mit neuen Sanktionen nach Referendum

Klaus Joachim Herrmann
Im Konflikt um die Schwarzmeer-Halbinsel halten alle Parteien Kurs: Moskau und Krim auf Anschluss an Russland, der Westen auf Bestrafung.

Mit eigenen Vorschlägen will nun Russland die Krise um die Ukraine »auf Basis internationalen Rechts« bewältigen helfen, kündigte Außenminister Sergej Lawrow am Montag bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Präsident Wladimir Putin an. Die Vorschläge wurden noch nicht vorgestellt, sollen aber »die Interessen von ausnahmslos allen Ukrainern« berücksichtigen.

Derweil geht die Hafenstadt Sewastopol auf der Krim offiziell zur russischen Sprache in rechtlichen und amtlichen Angelegenheiten über. Auch damit driftet die ukrainische Halbinsel weiter klar Richtung Russland. Die Führung der Krim rechnet für das Referendum am 16. März mit mehr als 80 Prozent für den Beitritt zu Russland, so Parlamentschef Wladimir Konstantinow.

Die Ost-West-Beziehungen nehmen weiter Schaden. Als Nadelstich ließ sich deuten, dass die EU-Kommission ihre Entscheidung über die Gewährung der Nutzungsrechte für die Gasleitung OPAL an den Gaskonzern Gazprom, angeblich wegen »technischer Fragen«, aussetzte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hoffe immer noch auf die Bildung einer internationalen Krim-Kontaktgruppe, versicherte Regierungssprecher Steffen Seibert. Über bereits beschlossene Maßnahmen gegen Moskau hinaus könnten »weitere tiefer gehende Sanktionen« verhängt werden, hieß es. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wiederholte als mögliche Foren von Gesprächen den NATO-Russland-Rat und die OSZE. Wenn das nicht funktioniere, gehe es um Sanktionen. Die dürften bereits einen Tag nach dem Referendum beschlossen werden.

Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte Sonntagabend den Ukraine-Kurs der EU und die »Alternative Assoziierung mit der EU oder Zollabkommen mit Russland« kritisiert. Die EU hätte damit den »Anfangsfehler« begangen, der zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine führte. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte Zweifel an der damaligen Verhandlungsstrategie der EU.

US-Präsident Barack Obama sprach mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping über den Konflikt. Die Staatschefs hätten gemeinsames Interesse an einer Verringerung der Spannungen und einer friedlichen Lösung betont, teilte das Weiße Haus mit.

Von den ukrainischen Spitzenpolitikern befinden sich Premier Arseni Jazenjuk in Washington und Julia Timoschenko wegen ihres Rückenleidens weiter in der Berliner Charité. Über eine Operation ist noch nicht entschieden.

Der ukrainische Präsidentschaftskandidat Vitali Klitschko wurde in der Stadt Charkow von prorussischen Aktivisten mit Eiern, Steinen und Feuerwerkskörpern angegriffen. Der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch, der sich im russischen Rostow am Don aufhält, kündigte für den heutigen Dienstag eine Erklärung an. Mit Agenturen Seiten 4 und 5