nd-aktuell.de / 14.03.2014 / Kultur / Seite 13

Bizarrer Rechtsstreit, aber lustig

Causa »Wanderhure«

Markus Meier

Der sächsische Verlag Voland & Quist darf die erste Auflage seines buchmarktkritischen Büchleins »Die Wanderwege der Wanderhure« abverkaufen. Künftige Auflagen des satirischen Werks, das im Untertitel ausdrücklich als »kein historischer Roman« klassifiziert wird, müssen aber anders heißen. Der künftige Titel darf wohl das Wort »Wanderhure« führen, wird aber nicht »Die Wanderhure ist dem Genetiv sein Tod« heißen, wie es zeitweilig zur Debatte stand.

Stattdessen sollen sich die Anwälte von Voland & Quist und des Verlages Droemer Knaur, in dem vier verkaufsträchtige Bände der Romanserie »Die Wanderhure« erschienen, kollegial auf einen Buchnamen einigen. Und zwar binnen zwei Wochen. Ansonsten wird die 7. Handelskammer des Landgerichts Düsseldorf unter Vorsitz des erfreulich ironiefähigen Richters Hartwig Ollerdißen eine Entscheidung fällen. Das ist das dezent bizarre Ergebnis eines von Heiterkeit, aber auch von Leidenschaft in der Sache geprägten Verhandlungstermins, der am Donnerstagnachmittag in Düsseldorf stattfand.

Kunstfreiheit für Voland & Quist oder Titelschutzrechte für Droemer Knaur? Auf diese Frage läuft der Rechtsstreit hinaus. Droemer Knaur klagte auf Unterlassung per einstweiliger Verfügung. Der Buchtitel könne für sich genommen nicht als Kunst gelten, argumentierte Droemer Knaurs Anwalt Dr. Konstatin Wegner. Das Satirebuch nutze die Werbewirkung des Wanderhuren-Welterfolges aus. Die Kunstfreiheit werde dabei in keiner Weise tangiert.

Doch, konterte der Anwalt von Voland & Quist, Raphael Thomas, zumal der Titel die Botschaft des Buches auf den Punkt bringe: Große Verlage würden immer nur »den selben Schmarrn« verwerten, Neues und Innovatives habe dort keine Chance. Es sei zweifelhaft, ob die Kunstfreiheit sich durchsetze, bekannte Richter Oberdißen. Natürlich könne man einen Rechtsstreit bis zum Bundesgerichtshof austragen. Er regte indes eine außergerichtliche Lösung an. Man darf gespannt sein, ob und wie die Herren Rechtsanwälte sich nun einigen.

»Die Wanderhure« war zunächst eine Reihe historischer Krimi-Romane, die ab 2004 bei Droemer Knaur erschienen. Bildungsbürgerlichen Ansprüchen taten die Schmöker nicht unbedingt genüge. Es geht in etwa um umherschweifende (Zwangs-)Prostituierte im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts. Um Scheiterhaufen, Verbrechen und Intrigen. Und um eine erkleckliche Verwertungskette: Das Hörbuch wurde mit dem German Audio Book Award in Gold prämiert. Die Verfilmung wurde als »Erfolgreichster Deutscher Fernsehfilm des Jahres 2010« mit einer »Diva« ausgezeichnet und fand entsprechend Fortsetzungen. Irgendwann ließ das anonyme Autoren-Duo auch »Die Tochter der Wanderhure« (so der Titel des dritten Romans) anschaffen. Mit anderen Verlagen fremdgehen - so viel Eifersucht muss sein - sollen nun aber weder die Wanderhure noch ihre Nachkommin dürfen.