nd-aktuell.de / 17.03.2014 / Politik / Seite 1

Experten legen UN-Menschenrechtsrat Bericht zu Nordkorea vor

Kommission zieht Parallele zu schlimmsten Menschheitsverbrechen

Genf. Von der nordkoreanischen Führung unter Machthaber Kim Jong Un begangene Menschenrechtsverletzungen sind nach Ansicht von UN-Experten mit schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte vergleichbar. »Der Kampf gegen die großen Geißeln des Nationalsozialismus, der Apartheid und der Roten Khmer hat Mut seitens der großen Nationen erfordert«, sagte Michael Kirby, Chef der Expertenkommission am Montag bei der Vorlage des Berichts zu Nordkorea vor dem UN-Menschenrechtsrat im schweizerischen Genf. Entsprechend müssten »die Menschenrechtsverletzungen und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit« in Nordkorea bekämpft werden.

Der Bericht der Experten war bereits Mitte Februar veröffentlicht worden. »Die Menschenrechtsverletzungen sind von einer Schwere, einem Ausmaß und einer Art, die in der heutigen Welt keinen Vergleich kennt«, heißt es in dem fast 400 Seiten starken Papier. Aufgezählt werden »Ausrottung, Mord, Versklavung, Folter, Haft, Vergewaltigung, erzwungene Abtreibungen« sowie zahlreiche weitere Verbrechen, etwa Zwangsumsiedlungen und das Aushungern von Bevölkerungsgruppen. Der Bericht stützt sich auf Aussagen von mehr als 80 Nordkoreanern, denen die Flucht gelang. Pjöngjang kooperierte nicht mit der UNO, weshalb Untersuchungen vor Ort nicht möglich waren.

Die Expertenkommission war im Mai 2013 durch den Menschenrechtsrat eingesetzt worden. Sie wirft Pjöngjang vor, in vier großen Lagern bis zu 120.000 politische Gefangene zu internieren. Nordkorea hat rund 24 Millionen Einwohner. Ein ehemaliger Häftling berichtete, wie er die Leichen von Verhungerten verbrennen und ihre Asche als Dünger verteilen musste. Andere waren gezwungen, ihre unterernährten Babys mit Mäusen und Schlangen zu füttern. Für die Verbrechen könnten nach Einschätzung der Kommission »mehrere hundert« Menschen verantwortlich sein. »Ein Großteil der Verantwortung« wird der Staatsführung zugewiesen.

Das nordkoreanische Machtgefüge ist ganz auf Staatschef Kim Jong Un ausgerichtet. Er ist der dritte Machthaber der Kim-Dynastie und steht seit dem Tod seines Vaters Kim Jong Il Ende 2011 an der Spitze der Machtpyramide. Dessen Vater, Kim Il Sung, wird als Staatsgründer verehrt und begründete den streng hierarchischen Machtapparat.

Der Expertenbericht empfiehlt, den Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten oder ein Sondertribunal für Nordkorea einzusetzen. China gab seinem Verbündeten allerdings bereits Rückendeckung. Die Führung in Peking stellte klar, dass sie sich gegen eine Anklage der nordkoreanischen Führung stellen würde.

Der nordkoreanische Vertreter im Menschenrechtsrat verließ das Gremium am Montag erbost. Zunächst versuchte So Se Pyon, die Rede eines Vertreters der japanischen Vereinigung der Familien von durch Nordkorea entführte Opfer zu unterbrechen und selbst das Wort zu ergreifen. Als ihm dies nicht gelang, verließ er die Sitzung unter Protest. AFP/nd