nd-aktuell.de / 18.03.2014 / Politik / Seite 1

Postkarte von der LiMA

Stephan Fischer
Schon bei der Anmeldung fällt ins Auge: Das wird keine Wohlfühl-LiMA. Im Foyer erwartet die Teilnehmer eine Ausstellung über Polizeigewalt in Deutschland. Die dazugehörige Postkarte muss man aber nicht verschicken, auch wenn ein Regenbogen auf ihr zu sehen ist.

Der Empfang auf der LiMA ist freundlich, innerhalb von zwei Minuten sind die Anmeldeformalitäten am Counter erledigt und der Blick kann über den Tresen schweifen. Kugelschreiber und selbst Postkarten liegen bereit, »Greetings from Germany« steht auf ihnen geschrieben. Warum nicht einmal in Zeiten der alles beherrschenden Gegenwart aufklappender Notebooks eine Karte schicken, ganz altmodisch und analog, zumal sich auch noch ein Stück Regenbogen auf ihr findet? Den Empfänger würde diese analoge Glücksverheißung sicher freuen.

Ich werde diese Karte nicht verschicken. Sind doch rund um jenes kleine Stückchen Regenbogen alle Farb- und Graustufen von Polizeigewalt zu sehen, die Alltag sind für AktivistInnen, DemonstrantInnen, Fußballfans und »ganz normale Bürger«: Fußtritte von Uniformierten auf wehrlos am Boden Liegende.

Ein Demonstrant im Würgegriff, die Quarzsandhandschuhe eines vermummten Beamten um den Hals. Jedem Horrorstreifen zur Ehre gereicht die Pose des vollverhüllten und gepanzerten Polizisten, der anlässlich der Räumung der Liebigstr. 14 im Februar 2011 mit einer nagelneuen Kettensäge, Marke Deutsche Wertarbeit, posiert.

Der oben genannte Regenbogen ist übrigens nur zu sehen, weil sich Licht in den von Polizisten wahllos herumgesprühten, chemischen Kampfstoffen bricht. Kampfstoffe, die von der Genfer Konvention geächtet werden – im Kriegsfall. Gegen die Zivilbevölkerung in Deutschland und anderswo wird Tränengas und Pfefferspray hingegen immer wahl- und hemmungsloser eingesetzt.

Die Postkarte verweist auf die Ausstellung im Foyer der LIMA »Vermummt und gewaltbereit – Polizeigewalt in Deutschland«, die anlässlich des Polizeikongresses 2013 erstellt und im letzten Jahr in vielen deutschen Städten gezeigt wurde. Diese Ausstellung ist auch eine Ansage für jeden LiMA-Teilnehmer: Neben all dem Nachdenken und Diskutieren über Techniken, Umwälzungen aller Medien, in und mit denen wir arbeiten oder lernen; dem spannenden und sicherlich auch spaßbringenden Kennenlernen sind es vor allem die Themen, an denen wir uns abarbeiten sollten.

Polizeigewalt ist da nur ein Stellvertreterthema für viele, zeigt aber den Machtgebrauch und –missbrauch der Herrschenden deutlich auf. Diesen aufzudecken, zu beschreiben und zu analysieren ist eine der Kernaufgaben, wenn man das »Links« in »LiMA« ernst nimmt und nicht nur als schmückendes Etikett für »irgendwas mit Medien« versteht.

Zum Thema »Polizeipropaganda und mediale Resonanz« findet am Donnerstag, den 20.3 um 17:30 Uhr noch ein ganzes Seminar statt. Die Resonanz darauf ist bereits sehr groß, wenn man nach den Anmeldezahlen geht. Für alle, die ihre journalistische Arbeit in Bezug auf Informationen von und über die Polizei kritisch überprüfen wollen. Schreiben wir selbst nicht zu oft ohne Hinterfragen Polizeiberichte ab? Das Beleuchten der eigenen Arbeit kann auch manchmal wehtun. Aber das soll hier schließlich eine LiMA zum Wohlfühlen, aber keine »Wohlfühl-LiMA« werden.