Die Krim als NATO-Doping

Was ist Deutschlands Priorität - Sicherheit oder Militäreinsatz an neuer Trennline?

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Krise der Ukraine und die »Heimkehr« der Krim ins russische Mutterland sind für Hardliner in der NATO als Dopingmittel höchst willkommen. So viel militärische Droge gab's schon lange nicht mehr.

Die US Air Force ist schon auf vorgeschobenem Posten. Fast in Staffelstärke und folglich nicht mehr in der Auftragslogik von Baltic Air Policing. Washington hält Übungen im Schwarzen Meer ab und dass der US-Zerstörer »Donald Cook« seine Jungfernfahrt als Kernstück des künftigen NATO-Raketenabwehrsystems ausgerechnet nach Europa absolviert, ist laut Bündnis-Insidern ein deutliches Zeichen der Stärke.

Derweil zeichnen auch Jets Ihrer Majestät Kondensstreifen in den baltischen Himmel. Frankreich will Litauen, Lettland, Estland und Polen vier Kampfjets schicken und regelmäßig fliegende AWACS-Gefechtsstände vorbeischicken. Sogar das kleine Dänemark ließ Abfangjäger Kurs russische Grenze steuern. Man kann nur ahnen, was Moskaus Militärs rings um Königsberg, dem russischen Mutterland und in Belorussland als Antwort in Bereitschaft halten.

Sicher ist, so viel Feuerbereitschaft war seit dem Niedergang des Warschauer Paktes nicht mehr an einem engen Grenzstreifen versammelt. Und auch das, was man aus dem NATO-Hauptquartier hört, erinnert an die Zeit des Kalten Krieges. Kaum aus Washington zurückgekehrt, warf NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Freitag Russland vor »neue Trennlinien« geschaffen zu haben. »Wir müssen reagieren. Jetzt und in der Zukunft«, sagte der NATO-Chefpolitiker.

Deeskalation sieht anders aus. Rasmussen und andere Hardliner der NATO wollen die frisch ausgehobenen Schützengräben in dauerhafte Stellungen umwandeln. Dazu gehören - wie bereits bewiesen »mehr Flugzeuge, um den Luftraum über dem Baltikum zu überwachen, Überwachungsflüge über Polen und Rumänien und «eine verstärkte Unterstützung der Ukraine». Die zweifellos (noch) nicht zum Bündnisgebiet gehört. Dennoch will man «die Transformation der ukrainischen Streitkräfte in eine moderne und effektive Organisationen» befördern, die Truppe zu «glaubwürdiger Abschreckung» befähigen und die Zusammenarbeit mit Streitkräften der NATO-Staaten verbessern. Wozu auch die Beteiligung an NATO-Übungen gehört, meint Rasmussen, wohl bewusst, dass er damit Moskau herausfordert.

Der NATO-Generalsekretär hat die Rückendeckung der USA und besorgt deren Geschäft, wenn er betont: Wir brauchen mehr politischen Willen, stärker Fähigkeiten und mehr Investitionen in die Verteidigung.« Dazu müsse Europa wieder enger mit Nordamerika zusammenarbeiten sowie die Rüstungsinvestitionen erhöhen.

Dass derlei langfristige Orientierungen der NATO nicht ohne Auswirkungen auf die deutsche Politik bleiben, machte Ursula von der Leyen (CDU) im »Spiegel« deutlich. Während sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der Ukraine und im Baltikum um eine sachlichere Betrachtung des Geschehens bemüht, ist die Verteidigungsministerin bereits auf Bündniskurs eingeschwenkt: »Jetzt ist für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig, dass die NATO Präsenz zeigt.« »Die aktuelle Lage spiegelt klar, dass die Nato nicht nur ein militärisches, sondern auch ein politisches Bündnis ist.«

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