nd-aktuell.de / 28.03.2014 / Politik / Seite 11

Polizei fährt nur noch auf drei Rädern

Koalition in Sachsen-Anhalt weiter uneins über Reform

Hendrik Lasch, Magdeburg

Der umstrittene Umbau der Polizei in Sachsen-Anhalt soll bereits im April im Kabinett beschlossen werden - und das, obwohl es in der CDU/SPD-Koalition weiter Differenzen gibt. CDU-Innenminister Holger Stahlknecht kündigte am Donnerstag im Landtag einen Beschluss für nächsten Monat an. Dagegen sagte SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben, er gehe »fest davon aus«, dass der Ressortchef vor einer Verabschiedung »um politische Mehrheiten werben« werde. Derzeit gibt es im Regierungsbündnis Streit um Kernbestandteile der Reform, etwa die Ersetzung kleiner Polizeistationen durch Streifenbereiche, in denen Beamte ständig in Streifenwagen patrouillieren. Bisher sei »nirgends der Beweis erbracht«, dass dies funktioniere, sagte Erben. Er forderte eine Erprobung.

In der von der LINKEN beantragten Debatte hatte Stahlknecht zuvor die Notwendigkeit für eine Reform bekräftigt. Die jetzige, aus dem Jahr 2008 stammende Struktur sei für 8000 Vollzugsbeamte entworfen; inzwischen gebe es im Land nur noch 6000. »Ein Fahrzeug, das für vier Räder konstruiert ist, fährt nicht mit drei«, sagte der Minister. Die Polizei sei bereits über Jahre hinweg »auf Verschleiß gefahren« worden; die Reform sei daher überfällig.

Diese Meinung teilt auch die LINKE; allerdings seien die jetzt debattierten Vorschläge von »nackten Zahlen« und dem »Diktat des Finanzministers« getrieben, sagte die Innenpolitikerin Gudrun Tiedge. Mit 6000 Beamten sei die Polizei im Land »nicht zukunftsfähig«. An dieser Einschätzung änderte auch der jüngste Koalitionsbeschluss nichts. CDU und SPD hatten sich am Dienstag überraschend geeinigt, 2014 mehr Personal als geplant einzustellen, darunter neben jungen Lehrern auch Polizeianwärter. Deren Zahl soll von 150 auf 200 aufgestockt werden. Für 2015 und 2016 werde er sich »mit dem Finanzminister einvernehmlich einigen«, so Stahlknecht. Die Koalition will auf diese Weise verhindern, dass die Zahl der Polizisten wegen der vielen Abgänge in den Ruhestand sogar unter 6000 sinken könnte.

In der Debatte versuchte Stahlknecht auch dem Eindruck entgegenzutreten, ihm sei bei der Polizeireform das Heft des Handelns durch Regierungschef Reiner Haseloff aus der Hand genommen worden. Mitte März war berichtet worden, die Staatskanzlei habe die Koordination des Vorhabens übernommen. Es gab Schlagzeilen wie »Haseloff lenkt Stahlknecht«. Der Minister bestritt dies gestern. Auf Nachfrage betonte der CDU-Mann, er habe »nach wie vor die Federführung«. Diese sei ihm »nie weggenommen« worden.