Das Treiben der Lämmer

Marion Pietrzok über die Medienkampagne zur Kunstsammlung Gurlitt

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 1 Min.

»Der seltsame Herr Gurlitt« heißt der Dokumentarfilm, den das Fernsehen kürzlich ausstrahlte, nachdem der unbescholtene alte Mann längst zum »Fall Gurlitt« geworden war. Von da an hatte der 81-Jährige Cornelius G. sich von den Medien verfolgen, sich »schrullig« nennen, Schnüffeleien bis in intimste Lebensbereiche gefallen lassen müssen, denn, so ein deutsches Nachrichtenmagazin, er habe einen »milliardenschweren ›Nazi-Kunstschatz‹ gehortet«.

Seltsam jedoch erscheint weniger der Mensch, den sich die Medien vorknöpften, um vermeintlich dessen Fehltritt auszuleuchten. Seltsam an der ganzen Sache um den Kunsthändlererben, dessen Vater mit den Nationalsozialisten (für sie, durch sie auch für sich) Geschäfte machte, ist vielmehr: Die Bundesrepublik hat Jahrzehnte gar nichts und nach der Washingtoner Konferenz 1998 und der »Handreichung« 1999 wenig getan, um aus jüdischem Besitz Geraubtes aufzuspüren und zurückzugeben. Das Einrichten einer »Taskforce« zur Untersuchung der Gurlitt-Sammlung kommt dem Tropfen auf den heißen Stein gleich. Wenn jetzt ein massiver Trupp von Journalisten in ein weiteres Domizil der Gurlitt-Sammlung einmarschiert ist, erscheint diese Art Öffentlichkeitsarbeit wie der Ruf »Haltet den Dieb«.

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