90 Euro Mindestbetrag, 30 Tage Urlaub

Tarifabschluss im öffentlichen Dienst mit Lohnplus von im Schnitt 5,7 Prozent über zwei Jahre / Besonders Kleinverdiener profitieren

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Potsdam. Die 2,1 Millionen Angestellten von Bund und Kommunen bekommen mehr Geld. Danach steigen die Entgelte rückwirkend zum 1. März 2014 um 3,0 Prozent, mindestens aber um 90 Euro, und zum 1. März 2015 um weitere 2,4 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen werden zu diesen Terminen um 40 bzw. 20 Euro erhöht. Darauf verständigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes am Dienstag in Potsdam. Die Tarifkommissionen beider Seiten stimmten diesem zuvor von den Verhandlungsführern erzielten Kompromiss zu. Nun müssen die Ver.di-Mitglieder im öffentlichen Dienst abstimmen. Die Gewerkschaft gab zugleich der Erwartung Ausdruck, dass das Ergebnis zeit- und wirkungsgleich auf die Beamten übertragen wird.

»Dieses Tarifergebnis liegt in der Spitzengruppe der diesjährigen Abschlüsse«, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. »Durch den Mindestbetrag profitieren vor allem untere und mittlere Entgeltgruppen von einer überdurchschnittlichen Reallohnsteigerung.« Der Sockelbetrag von 90 Euro bedeutet für die untersten Einkommensgruppen ein Plus bis zu 7,6 Prozent. Da der Mindestbetrag von 90 Euro bis in mittlere Entgeltgruppen die vereinbarte lineare Erhöhung von 3,0 Prozent übertrifft, summiert sich das Volumen der Lohnsteigerung im ersten Jahr auf 3,3 Prozent, rechnete die Gewerkschaft am Dienstagabend vor. Ver.di und der dbb-Beamtenbund hatten einen Sockelbetrag von 100 Euro und zusätzlich 3,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt erfordert.

Außerdem beträgt der Urlaubsanspruch laut dem Verhandlungsergebnis ab 2014 für alle Beschäftigten einheitlich 30 Tage, für Auszubildende steigt der Urlaubsanspruch von 27 auf 28 Tage. Darüber hinaus wurde für Auszubildende die faktische Übernahmegarantie überall dort, wo bedarfsgerecht ausgebildet wurde, verlängert. Bund und Kommunen hatten in den ersten beiden Verhandlungsrunden kein konkretes Angebot vorgelegt.

Bund und Gewerkschaften verständigten sich zudem darauf, die Entwicklung befristeter Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst bis September 2015 wissenschaftlich aufarbeiten und bewerten zu lassen. »Damit schaffen wir die Grundlage dafür, wirksam gegen die Ausweitung sachgrundloser Befristungen vorzugehen«, betonte Bsirske.

Schon zu Beginn der für zwei Tage anberaumten dritten Gesprächsrunde hatten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften zuversichtlich gezeigt, zu einem Tarifabschluss zu kommen. Der Verhandlungsführer des dbb-Beamtenbundes, Willi Russ, verwies auf die verbesserte Kassenlage der öffentlichen Hand. Dies schaffe Raum für deutliche Einkommenszuwächse. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, hatte sich im Deutschlandfunk ebenfalls optimistisch gezeigt.

Für den Nahverkehr verweigerten die Arbeitgeber allerdings eine Zulage oder zusätzliche freie Tage als Ausgleich für die Belastung, insbesondere im Fahrerbereich. Deshalb müssen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Tarifverhandlungen für den Nahverkehr fortgesetzt werden. Auch für die Krankenhäuser waren die Arbeitgeber nicht bereit, die Nachtdienstzuschläge um 75 Cent zu erhöhen. »Dies ist bedauerlich, weil es der sonst von den Arbeitgebern geforderten Aufwertung gerade der Pflegeberufe eklatant widerspricht«, so Bsirske.

Für den öffentlichen Dienst der Länder war im März 2013 ein Abschluss erzielt worden, ebenfalls in der dritten Verhandlungsrunde. Danach gab es rückwirkend ein Plus von 2,65 Prozent ab Januar 2013 und weitere 2,95 Prozent für 2014. Die Laufzeit beträgt zwei Jahre. Keine Tarifregelung gab es für Lehrer. dpa/nd

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