nd-aktuell.de / 05.04.2014 / Kultur / Seite 20

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Frankie Knuckles /18. 1. 1955 - 31. 3. 2014

»Tanzen ist das beste, was man für sich machen kann. Und es kostet nichts«, sagte Frankie Knuckles einmal. Im Club »Warehouse« in Chicago hatte der in der Bronx geborene DJ bereits in den siebziger Jahren damit begonnen, aus der Tanzmusik der Schwarzen und Schwulen, den Soul- und Disco-Tracks, die gespielt wurden, den Ballast herauszufiltern und entschlackte, auf den Rhythmuskern fixierte Versionen herzustellen, an denen das intensiviert wurde, was man als den Flow oder den Groove zu bezeichnen man sich einigen könnte. 120 Beats per minute. Four to the Floor. Bumm-Zack-Bumm-Zack, immer weiter, immer tiefer hinein in die Ekstase, den Rausch. Kaum einer, so heißt es in der »Süddeutschen Zeitung«, »beherrschte die Kunst, eine Menschenmenge in diesen Moment des Abschieds vom Hier, Jetzt und der Vernunft zu versetzen, so gut«. Freunden rhythmenbetonter Tanzmusik hatte Knuckles, ohne selbst Notiz davon zu nehmen, das Tor zum Paradies aufgestoßen. In den 80ern hatte er seinen eigenen Club, das »Power Plant«. Seit den 90ern war er als Remixer für Popgrößen wie Michael Jackson, die Pet Shop Boys oder Depeche Mode tätig und tourte durch die ganze Welt. Am 31.März starb der Mann, der der Welt den House geschenkt hat, an seiner Diabetes-Erkrankung. tbl

Jacques Le Goff /1. 1. 1924 - 1. 4. 2014

Er war eine Ausnahmeerscheinung, beschäftigte sich mit Themen, die viele seiner Historiker-Kollegen links liegen ließen. Sein erstes Buch handelte von »Kaufleuten und Bankiers«, sein zweites von »Intellektuellen im Mittelalter«. Sein Meisterwerk, »Die Geburt des Fegefeuers«, behandelte ein theologiegeschichtliches Feld. Viele seiner rund 20 Bücher wurden Bestseller, gelesen auch von Nicht-Historikern, vor allem die »Kultur des Mittelalters«, die Streitschrift »Für ein anderes Mittelalter« und die Biografie »Ludwig der Heilige«. Er war ein streitbarer Historiker, dennoch oder gerade deshalb geachtet und anerkannt. Er kritisierte Epochenbegriffe wie den des Mittelalters als willkürlich. Im Allgemeinen wird unter Mittelalter die Zeit zwischen dem Untergang des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert bis zur Entdeckung Amerikas (1492) verstanden. Er sprach lieber vom »langen Mittelalter«, dessen Ende er - Karl Marx folgend - auf den welthistorischen Bruch der Französischen Revolution von 1789 datierte. Am 1. April ist der Papst des Mittelalters, wie »L‘ Express« Jacques Le Goff nannte, im Alter von 90 Jahren in Paris gestorben. rw