nd-aktuell.de / 08.04.2014 / Politik / Seite 20

Wieder Kind sein hoch im Norden

Die Finnen machen den Rest von Europa platt - in der Schneeball-Meisterschaft

Teresa Tropf, Kemijärvi
Wer zielen kann, ist im Vorteil - aber auch sonst sind die europäischen Meisterschaften der Schneeballschlacht kein Kinderspiel.

Schneeklumpen fliegen im Sekundentakt am Ohr vorbei, Spieler werfen sich lachend in das pulverige Weiß. Was wie ein Kinderspiel aussieht, ist eigentlich ein harter Wettkampf: die Europameisterschaft in der Schneeballschlacht. Jährlich wird der Titel im Frühjahr im finnischen Lappland vergeben. Letzen Freitag startete die EM bereits zum 19. Mal wieder in Kemijärvi, der nördlichsten Stadt des Landes. Von dort stammen auch die Mannen und Frauen der Gewinnermannschaft: Das Team »Sallikset« holte das zweite Mal in Folge den Titel für die Gastgeberstadt. Das russische Team »Youth Apatit« bringt Silber nach Hause. Und »Uno« aus Murmansk, dem sogar noch weiter nördlich gelegenen russischen Nachbarn von Kemijärvi, landet auf dem dritten Platz.

Ursprünglich erfunden wurde die Veranstaltung aber von einer Nation, die man nicht unbedingt mit weißer Schneepracht und Winteratmosphäre verbindet - Japan. Daher rührt auch der Name: Yukigassen. »Die WM wird im nordjapanischen Sobetsu seit 21 Jahren organisiert. Kemijärvi ist die Partnerstadt und so bekamen wir die Rechte, Yukigassen als Europameisterschaft auch bei uns zu veranstalten«, sagt die Finnin Tuula Kuusikko, die das Ereignis mitorganisiert. Das Wort Yukigassen setzt sich aus den japanischen Worten yuki (Schnee) und kassen (Schlacht) zusammen. Ähnliche Turniere existieren inzwischen auch in Norwegen, Australien und Kanada, selbst das sauerländische Winterberg gehört regelmäßig zu den Austragungsorten.

Wie die Wettkampforte ist auch das Spiel inzwischen »globalisiert«. »Wir spielen nach internationalen Regeln«, sagt Kuusikko. Heißt: Das Spielfeld hat immer die gleichen genormten Maßstäbe und gleicht dem Areal beim Paintball. Hindernisse und Schutzmauern aus Schnee, hinter denen sich die Spieler verstecken können, sind auf der weißen Fläche an freier Luft verteilt. Begrenzt ist die Spielfläche mit Sprühfarbe. Mit Spaten und Harke wird der festgetretene Schnee von den Teilnehmern gelockert, um schnell Schneenachschub formen zu können. Wie in anderen Sportarten auch gibt es einen Schiedsrichter. Seine Helfer richten über die Zahl der Treffer auf die gegnerischen Teamflaggen und Spieler. Das erste Team, das zwei der drei dreiminütigen Perioden gewinnt, geht als Sieger aus der Partie. Pro Periode stehen 90 Schneebälle zur Verfügung.

Auch die Wurfgeschosse obliegen einer strengen Regel: Sie dürfen nur mit einer speziellen Maschine geformt werden. Der Baukasten sieht aus wie eine Backform: Ihre Hälften befüllen die Teams mit Schnee und drücken sie fest zusammen.

Die Yukigassen sehen aus wie Kämpfer: Um sich vor gegnerischen Treffern zu schützen, tragen die Spieler einen Helm mit Plexiglasscheibe vor dem Gesicht. Zu gewinnen gibt es am Ende einen goldenen Pokal - doch auf den kommt es nur den wenigsten Teams an. »Es ist ein Schritt zurück in die Kindheit«, meint Kuusikko.

Trainiert wird trotzdem. »Klar im Vorteil sind Handballteams«, sagt Kuusikko. Sie bringen eine eiserne Ausdauer und Zielsicherheit mit, können tricksen und täuschen: Profis auch beim Kinderspiel. dpa/nd