Reservate für Nackerte

Bayerns Kommunen sind seit kurzem für FKK-Regelungen zuständig - München hat gehandelt

  • Julian Stalter, München
  • Lesedauer: 2 Min.
Bayern ist nicht gerade als Hochburg der FKK-Bewegung bekannt. Bis 2013 war das hüllenlose Wasser-, Luft- und Sonnenbaden sogar zentral verboten - auch wenn es manche Ausnahme gab. Und jetzt?

Im Paradies wähnen sich viele Bayern ja schon: Traumhafte Seen und Flüsse laden zum Sonnen und Planschen ein. Badegäste, die unbekleidet wie Adam und Eva die sonnigen Tage verbringen möchten, sorgen jedoch für Diskussionen. Der Grund: Im vergangenen Herbst lief die zentrale Badeverordnung des Freistaates aus. Bisher verbot sie das hüllenlose Wasser-, Luft- und Sonnenbaden in Bayern. Jetzt steigen die Temperaturen wieder und viele Gemeinden haben noch keine eigenen Regelungen beschlossen.

In München gab es bisher schon FKK-Gebiete, weil die landesweite Verordnung den Kommunen Ausnahmen vom Bikini- oder Badehosenzwang erlaubt hatte. Nun hat der Stadtrat die öffentlichen Nackerten-Zonen neu festgelegt. Sonst wäre das Nacktbaden nach dem Wegfall der Landesverordnung künftig in ganz München erlaubt, hatte die Stadtverwaltung argumentiert.

»Wenn es niemanden stört«

FKK-Strand und Nacktwanderweg: Wer sich in Deutschland unbekleidet in der Öffentlichkeit zeigen möchte, kann das an diversen Orten tun. An der Ostsee etwa sind Strandabschnitte für Schwimmer ohne Badehose und Bikini ausgewiesen. Das Land Brandenburg plant einen Nacktwanderweg. Auch anderswo in Deutschland gibt es solche Spazierwege.

Andere Menschen campen nackt. Nach Angaben des Deutschen Städte- und Gemeindebundes regeln die Kommunen über Satzungen und Verordnungen, an welchen Stellen sich Menschen unbekleidet aufhalten dürfen, sofern es kommunales Gelände betrifft. Manchmal existieren weder Verbot noch Erlaubnis: Es hat sich schlicht eingebürgert, an einem Seeufer oder auf einer Wiese nackt zu sein - »wenn es niemanden stört«, heißt es beim Verband. Denn nicht immer sind Leute im Adamskostüm ihren Mitmenschen egal. Im Jahr 2005 zum Beispiel verbot das Verwaltungsgericht Karlsruhe eine Aktion, bei der Leute unbekleidet Fahrrad fahren wollten. Das sei »grob ungehörig«, hieß es. dpa/nd

 

 

In der Landeshauptstadt kommen die Anhänger der Freikörperkultur nun in sechs ausgewiesenen Bereichen auf ihre Kosten, darunter sind das Flaucher-Gelände an der Isar und ein Areal im Englischen Garten. Die Nackerten im Englischen Garten sind weit über die Grenzen der Isar- Metropole hinaus bekannt. Hier probten schon in den 1960er Jahren Studenten den nackten Aufstand gegen die prüde Gesellschaft. Auch wenn die Nackedeis in den vergangenen Jahren etwas weniger wurden: In München sind sie eine feste Institution und werden in Reiseführern als Sehenswürdigkeit gelistet.

Der Münchner Zwang zur Badebekleidung jenseits der FKK-Zonen gilt wie bisher nicht für Kinder unter sechs Jahren, für nicht einsehbare Saunabäder sowie für »Plätze, an denen die badende Person nach den gegebenen Umständen damit rechnen kann, dass Unbeteiligte sie nicht sehen«. Und wie sieht es im Rest des Freistaats aus? Denn mit dem Auslaufen der alten Regel müssen die Gemeinden jetzt selbst aktiv werden. Das sei ein Schritt hin zur Stärkung der Kommunen, erläuterte das bayerische Innenministerium. Eine Nachfrage bei einigen Gemeinden ergab jedoch: Viele wissen noch gar nichts von ihrer neuen Zuständigkeit. Zudem herrscht Unsicherheit, ob Gemeinde, Landratsamt oder Zweckverbände für die Bekleidungsvorschriften an Badegewässern und auf Liegewiesen zuständig sind.

Der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU), befürchtet deswegen vermehrte Konflikte mit Nacktbadern. Der Jurist Christoph Tangermann von der Universität Nürnberg-Erlangen meint dagegen: Die Kommunen könnten auf Grundlage des Sicherheits- und Polizeirechts sowie der Bestimmungen zum Jugendschutz auch weiterhin gegen unerwünschte Anhänger hüllenloser Erholung vorgehen. Die ausgelaufene Verordnung sei daher sowieso überflüssig gewesen. dpa/nd

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