nd-aktuell.de / 12.04.2014 / Politik / Seite 1

Kiew will den Russen ihr Russisch lassen

Streit um Truppen an der Grenze / NATO droht mit Machtdemonstration / Anschläge auf KP-Büros

Klaus Joachim Herrmann
Russland sorgt sich um westliche Expansion nach Osten, die USA und NATO setzen auf Sanktionen und Militär. Indessen lenkt Kiew im Osten etwas ein.

Sein Land habe keine Absicht, südöstliche Regionen der Ukraine aufzunehmen, versicherte Russlands Außenminister Sergej Lawrow in einem TV-Interview am Freitag. »Das widerspricht den Grundinteressen der Russischen Föderation«, sagte er. Dem Westen warf er die Neuauflage des Kurses der »Eindämmung« vor und verwies laut ITAR/TASS auf eine »Ausweitung des geopolitischen Einflusses nach Osten«. Lawrow forderte eine »Garantie« der Blockfreiheit der Ukraine.

Mit der Ausweitung von Sanktionen gegenüber Russland drohte hingegen US-Präsident Barack Obama. Nach Angaben des Weißen Hauses habe er in einem Telefongespräch mit Kanzlerin Angela Merkel festgestellt, die USA, die Europäische Union und andere globale Partner müssten vorbereitet sein, einer russischen Eskalation mit zusätzlichen Sanktionen zu begegnen.

Als »Gruselgeschichte« wies Russlands Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonow Berichte der NATO über Truppenaufmärsche zurück. Auf vorgelegten Satellitenbildern seien nur Manöver aus dem Sommer 2013 zu sehen. Das Bündnis erklärte, die Aufnahmen stammen aus dem März 2014. Derweil kündigte die NATO selbst eine Machtdemonstration an. Laut dem britischen Brigadegeneral Gary Deakin, Direktor des Zentrums für Krisenmanagement im militärischen NATO-Hauptquartier in Mons (Belgien), seien auf Anweisung der NATO-Außenminister »sichtbare Maßnahmen« vorgeschlagen worden, die östlichen Mitgliedern Schutz durch das Bündnis demonstrieren.

Der ukrainische Übergangspremier Arseni Jazenjuk kündigte bei einem Gespräch mit Verantwortlichen in Donezk an, dem »Wunsch nach mehr regionalen Befugnissen« nachzukommen. Er versicherte, es werde keinerlei Einschränkungen der russischen Sprache geben. Das Gesetz, das Russisch als zweite Amtssprache zulasse, bleibe in Kraft.

Der Oligarch Rinat Achmetow forderte eine friedliche Lösung des Konfliktes, namentlich angesichts der weiterhin besetzten Verwaltungsgebäude. Übergangspremier Jazenjuk bestätigte, Gewalt sei keine Option. Die Anti-Terror-Einheit »Alpha« habe Befehle zum Sturm besetzter Gebäude in Donezk und Lugansk als »verbrecherisch« verweigert, so das ukrainische Internetportal From-UA.

In Lugansk besetzte der rechtsextreme »Rechte Sektor« das Stabsquartier der Kommunistischen Partei. Der Landeschef Pjotr Simonenko hatte am Vorabend vor dem Parlament Konsequenzen aus der Brandstiftung an einem Parteigebäude in Kiew gefordert und von einem faschistischen Anschlag gesprochen. Moskau übergab am gleichen Tag Interpol Unterlagen für einen internationalen Haftbefehl gegen den als Terroristen gesuchten Dmitro Jarosch, Chef des »Rechten Sektors« und Präsidentschaftskandidat.

Die Krim ist laut der vom Staatsrat bestätigten Verfassung ein »demokratischer Rechtsstaat in der Russischen Föderation«.

Weiterlesen:

Stimmen aus dem Grenzland[1]
Über prorussische und proeuropäische Aktivisten, Wirtschaftsbosse und den Einfluss fremder Mächte im ostukrainischen Donezk. Von Ulrich Heyden

Links:

  1. http://www.nd-aktuell.de/artikel/929895.stimmen-aus-dem-grenzland.html