nd-aktuell.de / 14.04.2014 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

Neue Ziele zur Armutsbekämpfung

Weltbank legt auf Frühjahrstagung neues Entwicklungskonzept »Wohlstand für alle« vor

Roland Bumzenthal
Der Ukraine-Konflikt und dessen Gefahren für die Weltwirtschaft beherrschte die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank am Wochenende in Washington.

Wie wirkt die Krise in der Ukraine auf die Weltwirtschaft? Auf der Tagung von Weltbank und IWF in Washington versuchte insbesondere die den offiziellen Treffen vorgeschaltete Ländergruppe der G20 eine Lösung für die drohende Pleite des osteuropäischen Staates zu finden. Immerhin ist die Ukraine mit 44 Milliarden Dollar im Ausland verschuldet - doppelt so viel wie noch im Jahr 2009. Eine Trübung der Weltwirtschaft wird insbesondere für den Fall befürchtet, dass die EU wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland verhängt. Der IWF wurde beauftragt, mit einem Kredit in Höhe von 14 bis 18 Milliarden Dollar die Zahlungsfähigkeit vorübergehend zu sichern. Ein Großteil des Geldes dürfte allerdings allein für die offene Gasrechnung russischer Lieferanten drauf gehen. Den Kredit gibt es deshalb nur gegen strenge Auflagen hinsichtlich der Mittelverwendung sowie der Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Ukraine. Damit soll verhindert werden, dass das Land zu einem Fass ohne Boden wird. Zu den Bedingungen gehört unter anderem ein Abbau der hohen staatlichen Energiesubventionen, die schon jetzt die Preise vor allem für Gas kräftig klettern lassen.

Neben der Ukraine war das zweite Konfliktthema die vom US-Kongress bislang verhinderte Reform des IWF. Die Finanzminister der führenden Schwellenländer - China, Indien, Brasilien - verlangen ihrem Anteil am Kapital entsprechend mehr Stimmrechte. Zugleich soll das Grundkapital des Fonds verdoppelt werden. Den national gesinnten Republikanern im US-Kongress sind jedoch alle multilateralen Institutionen suspekt. Die bereits 2010 verabredete Reform soll notfalls ohne den größten Anteilseigner vorantreiben, hieß es in Washington. Entscheidende Veränderungen im IWF bedürfen allerdings einer Stimmmehrheit von 85 Prozent. Die USA besitzen mit mehr als 15 Prozent IWF-Anteil eine Sperrminorität.

Für die nicht in der G20 vertretenen Mehrheit der insgesamt 188 Mitgliedsländer war dagegen ein anderes Thema interessanter: das neue Konzept der Weltbank zur Schaffung von »Wohlstand für alle«, so der Titel einer aktuellen Studie des Washingtoner Instituts anlässlich der Frühjahrstagung.

Darin proklamiert die Weltbank ein neues Ziel für die globale Entwicklungspolitik und setzt damit die internationale Gebergemeinschaft unter Zugzwang. Bis zum Jahr 2030 soll die Zahl der absolut Armen bis auf drei Prozent der Weltbevölkerung abgebaut werden, erklärte Weltbankpräsident Jim Yong Kim. 2015 läuft die Zeitspanne ab, die die Vereinten Nationen als Frist für die sogenannten Millenniumsziele definiert hatten. In diesem 15-Jahres-Zeitraum seit 2000 sollte die absolute Armut von 1,5 Milliarden Menschen mindestens halbiert werden. Tatsächlich zählt die Weltbank derzeit etwa eine Milliarde Frauen, Männer und Kinder, deren Einkommen unter 1,25 Dollar pro Tag liegt.

Um das Ziel zu erreichen, sind zunächst mehr Mittel für Entwicklungshilfe nötig. Die Bankengruppe mit ihren fünf Instituten will mit gutem Beispiel vorangehen und plant, ihr Kreditvolumen von zuletzt jährlich 52 auf 70 Milliarden Dollar zu steigern. Der Schwerpunkt soll auf der Förderung der privaten Wirtschaft, dem Ausbau der Infrastruktur sowie dem Klima- und Umweltschutz liegen. Auch die sozialen Sicherungsnetze für Ärmere sollen verstärkt realisiert werden, Deutschland plädiert zudem für ein stärkeres Engagement der Weltbank in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherung. Die Stärkung ländlicher Regionen in Entwicklungsländern und die Förderung eines nachhaltigen Wachstums im Agrarsektor seien entscheidende Schritte zur Armutsbekämpfung, betonte der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).

Die zweite Bedingung, um Armut nachhaltig zu vermindern, sei die Umverteilung von Einkommen, so Kim, um die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm wieder etwas zu schließen. Deshalb sollen die ärmeren 40 Prozent der Bevölkerung eines Entwicklungslandes künftig stärker unterstützt werden als die oberen 60 Prozent.