Die Menschen-Roboter kommen

Die schwedische Serie »Real Humans« auf Arte zeigt eine naheliegende Zukunft

  • Robert Schmidt
  • Lesedauer: 4 Min.

Nachts in einer schwedischen Kleinstadt. Eine Horde entflohener Roboter streift durch die Straßen, auf der Suche nach einem Stromanschluss. Ein Roboter fällt zurück, wird von Kriminellen fortgeschleppt. Schnitt. Ein Werbespot wird eingeblendet. Ein Roboter wird gezeigt, der einem jungen Paar das Frühstück ans Bett bringt. Eine Stimme verrät: »Der HubMax PHP lässt Ihnen Zeit für die wesentlichen Dinge.« So beginnt die erste Staffel der schwedischen Serie »Real Humans«, die seit vergangenem Donnerstag auf Arte wiederholt wird.

Durch die Wiederholgung kann man noch mal alle Folgen über die »Hubots« genannten Mischformen aus Roboter und Menschen ansehen, bevor am 15. Mai der deutsch-französische Gemeinschaftskanal die zweite Staffel der erfolgreichen Serie zeigen wird. So kann man die Familie Engmann kennenlernen, die sich einen Pflegeroboter für den Vater und sich selbst einen Haushaltsroboter geleistet hat. Man bekommt Einblick in das Leben des etwa 50-jährigen Roger, der nicht nur seinen Arbeitsplatz, sondern auch seine Freundin wegen eines Hubots verliert. Diese hatte den gemeinsamen Hubot Rick illegalerweise als Sexspielzeug umprogrammieren lassen.

Dass nicht alles aus der Serie Fiktion ist, ließ sich vor kurzem auf der Hannover Messe beobachten. Dort wurden die neuesten Modelle der Branche präsentiert. Der automatische Produktionsassistent Baxter von der Firma Bosch beispielsweise kann menschliche Berührungen spüren. Der Arm von Justin, einem Automaten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, ist gelenkiger als der eines Menschen. Der Putzroboter Scooba 450 putzt eigenständig den kompletten Fußboden. Laut der Gesellschaft für Konsumforschung besitzen bereits 300 000 deutsche Haushalte eine Roboter-Haushaltshilfe. Saug- und Wischroboter, die beliebtesten Typen, sind bereits für Preise unter 300 Euro zu haben.

Für Bruno Bonnell sind Roboter ein Kindheitstraum. »Im Alter von zehn Jahren habe ich meinen ersten Roboter gebaut«, erinnert er sich. Eine Waschmaschine mit zwei Holzarmen sei das gewesen, »das war eine super Vogelscheuche«, sagt er lachend. Bonnell ist Gründer und Chef der französischen Firma Robopolis, die europaweit Haushaltsroboter vertreibt. Der Franzose ist auch der Vorsitzende des Europäischen Dachverbands der Branche und Organisator der internationalen Fachmesse Innorobo in Lyon. Das Wort Roboter benutze er selber nicht, klärt er gleich zu Anfang unseres Gesprächs auf. »Ich rede immer von Cobots, von Roboter-Kollegen.«

Das Wort Roboter, so erzählt Bonnell, stamme aus dem Theaterstück »Rossum’s Universal Robots« des tschechischen Autors Karel Čapek. In dem Stück aus dem Jahre 1921 werden Roboter als Menschen ohne Gehirn dargestellt, die durch Fabrikbesitzer anstelle von streikenden Arbeitern eingestellt werden. Seit dieser frühen Darstellung während der Frühphase des Kapitalismus habe sich das Bild von Robotern kaum gewandelt: »Durch Science-Fiction-Romane und -Filme ist der Roboter in der Wahrnehmung der Menschen stets als eine Bedrohung wahrgenommen worden.« Für den Experten sei aber ein Roboter lediglich eine Maschine, in der drei Dinge zusammenwirken: »erstens Sensoren zur Beobachtung der Umwelt, zweitens ein Prozessor zur Verarbeitung der Daten und drittens ein Aktionsorgan, mit dem er mit der Umwelt kommuniziert«.

An der Arte-Serie stört Bonell genau das, was ihn oft bei solchen Darstellungen stört: »Immer nur geht es um die Konkurrenz zum Menschen.« Besser habe ihm da »Star Wars« gefallen. Dort habe man zum einen R2D2, eine »rollende Konservendose« und zum anderen C-3PO, einen Menschen-Roboter. »Warum glauben Sie«, fragt Bonnell, »mag die Mehrheit der Menschen R2D2 lieber? Ganz einfach: die Leute sehen sich nicht in Konkurrenz zu einer Konservendose.«

Für »Konservendosen-Roboter« sehe er trotzdem eine goldene Zukunft: »Immer häufiger werden sie bei Operationen eingesetzt und das ist auch gut so, schließlich haben sie keine Emotionen.« Künftig werde es auch immer mehr automatisierte Verkehrsmittel geben. Auch in der sogenannten Telepräsenz hätte der Roboter eine Perspektive: »Wie heute ein Computer wird in einigen Jahren ein Roboter meine Präsenz an meinen Arbeitsplatz oder mein Zuhause projizieren.« Eines werde ein Roboter aber niemals können: lieben. Und auch ein Wort werde er niemals verstehen können, sagt Bonnell, nämlich das deutsche Wort »Gemütlichkeit«.

Nächste Folge: 24.4., 22.10 Uhr; die zweite Staffel zeigt Arte ab dem 15. Mai.

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