Bruchlandung mit Ankündigung

Lübecker Regionalflughafen musste Insolvenz anmelden - Eigentümer abgetaucht

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Der einst städtische Flughafen Lübeck-Blankensee wurde nach langem politischen Streit 2012 vollständig privatisiert. Nun ist ein Insolvenzverfahren eröffnet, Steuermillionen sind in den Sand gesetzt.

Fachleute warnen immer wieder: Das Betreiben eines kleinen Regionalflughafens rechnet sich eigentlich nicht - rote Zahlen sind die Regel. Das beste Beispiel dafür liefert seit Jahren der Airport Lübeck-Blankensee. Jetzt kommt es für den Mini-Flughafen Im Norden wohl zur finalen Bruchlandung, denn er hat am Mittwoch Insolvenz angemeldet.

Mit rund 60 Millionen Euro hat der Flughafen bis heute den Lübecker Haushalt belastet. Kritiker, darunter die LINKE, hatten sich insbesondere vor einem Bürgerentscheid vor vier Jahren für ein Ende eingesetzt. Doch die Hansestädter stimmten mehrheitlich für den Erhalt und Ausbau des Flughafens. Nun wird es wohl kaum eine Alternative zur endgültigen Abwicklung geben. Hilfe vom Land Schleswig-Holstein ist nicht zu erwarten, mit Spannung wird nun auf eine Sitzung des Hauptausschusses der Bürgerschaft am 29. April im Lübecker Rathaus geblickt.

Erst zum Jahreswechsel 2012/13 war der deutsch-ägyptische Investor Mohamad Rady Amar eingesprungen, seinen großspurigen Worten folgten aber keine Taten. Vor wenigen Wochen nun veräußerte er den Airport klammheimlich und tauchte ab. Wie auch der neue Besitzer Adam Wagner aus Berlin bislang für Mitarbeiter und Behörden nirgendwo zu erreichen war. Die Stadt Lübeck wartet seit vergangenem Herbst auf fällige Miet- und Pachtzinsen für mitgenutzte Flugplatzflächen. Die Außenstände belaufen sich inzwischen auf 189 000 Euro. Ein Mahnverfahren wurde bereits eingeleitet. Die rund 100 Flughafenmitarbeiter hatten ihr Gehalt für den Vormonat verspätet und für April noch gar nicht bekommen, woraufhin sie Alarm schlugen. Nur so ist der Vorgang überhaupt an die Öffentlichkeit gekommen, denn die Lübecker Verwaltung mit Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) schwieg sich aus. Das Amtsgericht Lübeck reagierte mit der Berufung von Siegmar Weegen als Not-Geschäftsführer. Dieser meldete sofort Insolvenz an. Jetzt bekommen die Beschäftigten erst einmal für drei Monate Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Rady Amar, zuletzt mit Wohnsitz Frankfurt am Main, hatte als privater Bieter 2012 von der Bürgerschaft den Zuschlag erhalten - zum symbolischen Preis von einem Euro. Für seine weitreichenden Pläne brachte er die eigens neu gegründete Flughafenbetriebsgesellschaft »Yasmina« ein, benannt nach einer seiner Töchter. Unter anderem wucherte er im Bieterverfahren mit den Referenzen seiner Firma »3 Y Logistic und Projektbetreuung«. Für diese zeichnen sich aber genau wie für die »Yasmina« nicht beglichene Zahlungsforderungen ab - das besagen Hinweise der Wirtschaftsauskunftei Creditreform.

Bürgermeister Saxe muss sich nun von allen Fraktionen vorhalten lassen, warum er die Probleme nicht den Rathausparteien kundgetan hat. Er gibt sich auf Nachfrage naiv: Er habe gedacht, dass alles schon wieder ins Lot kommen würde. Offenbar genauso blauäugig hatte er im Bieterverfahren Amar mit seinen angeblichen Geldgebern aus Saudi-Arabien vor anderen Konkurrenten favorisiert. Doch auch die jetzt empört polternde CDU und der Betriebsrat sprachen sich seinerzeit für Amar aus. Er versprach, 20 Millionen Euro in den Lübecker Flughafen zu investieren und legte im Spätherbst 2012 ein Bonitätszertifikat der Commerzbank vor. Geworben hatte er für seine gut laufenden Geschäfte mit einer Flugzeugbaufirma in Brandenburg und einem Flugzeugteilebauunternehmen in der Schweiz. Ein Mitbieter aus dem Jahr 2012 hatte vor Amar gewarnt, sah in diesem lediglich einen undurchsichtigen Strohmann.

Die Sache ist für Lübeck noch nicht ausgestanden. Bei Nicht-Fortführung des Flugbetriebs droht die Rückzahlung von Fördergeldern in Höhe von einigen Millionen Euro an das Land. Für eine nun wahrscheinlich gewordene Abwicklung des Airports rechnen Experten noch einmal mit über 20 Millionen Euro. Bereits einmal wurde viel Geld verbrannt: Als sich der neuseeländische Investor »Infratil« nach seinem Engagement von 2005 bis 2009 verabschiedete, hatte das Unternehmen über 25 Millionen Euro von der Stadt kassiert.

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