nd-aktuell.de / 29.04.2014 / Politik / Seite 5

Verbändeduell zur Mietpreisbremse

Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ermitteln Ablehnung, der Mieterbund Zustimmung

Gabriele Oertel
Die Ergebnisse fielen erwartbar aus: Während Wohnungs- und Immobilienwirtschaft nach Umfragen eine strikte Ablehnung der geplanten Mietpreisbremse ermittelten, sind Mieter durch die Bank dafür.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) scheint die Position zwischen allen Stühlen zumindest in punkto Mietrecht gar nicht schlecht zu gefallen. Während der Mieterbund (DMB) den Ende März bekannt gewordenen Gesetzentwurf aus seinem Hause für eine ohnehin begrenzte Mietpreisbremse als zu schwach bewertet, sehen Wohnungs- und Immobilienunternehmen den Rückgang der Neubautätigkeit am Horizont. In einem Streitgespräch in der »Zeit« damit konfrontiert, erklärte Maas selbstbewusst: »Das zeigt doch: Der Gesetzentwurf ist ausgewogen.«

Damit freilich macht der Minister sich auf beiden Seiten keine Freunde. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW ermittelte in einer Ad-hoc-Umfrage bei den Seinen, dass 80 Prozent der Unternehmer den Mietwohnungsbau künftig gegenüber Eigentumsmaßnahmen benachteiligt sehen, die geplante Mietpreisbremse zudem Mieter und Vermieter verunsichern würde und Streit hervorrufe. Ganz abgesehen davon, so der GdW, dass in Ballungsgebieten der dringend benötigte Wohnungsbau noch weiter eingeschränkt würde. Wenig verwunderlich, dass 93 Prozent der befragten Vermieter sich »besonders entschieden« gegen eine flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse aussprechen.

Aber die war ja von der Bundesregierung von vorn herein gar nicht vorgesehen. Trotz aller Versicherungen im Wahlkampf 2013 - und zwar außer der FDP von allen damals noch im Bundestag vertretenen Parteien -, die horrenden Aufschläge bei Wiedervermietungen endlich wirksam zu begrenzen, entschieden sich die Großkoalitionäre denn doch nur für die Minimallösung. Nach der soll in besonders angespannten Wohnungsmärkten eine Mietpreisbremse durch die Länder eingesetzt werden, mit der die Vermieterbegehrlichkeiten nach einem Mieterwechsel nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen - bislang sind 30 oder 40 Prozent plus durchaus keine Seltenheit.

Dennoch: Die »kleine« Begrenzung erfordert ein kompliziertes Prozedere und hat zu wenig Wirkung, befürchten die Mieterverbände landauf, landab. Denn die dafür notwendigen Rechtsverordnungen in 16 Ländern werden Zeit kosten - und gelten zumindest bislang auch nicht überall als gesetzt. Doch auch wenn 87 Prozent der Mitgliedsverbände des Mieterbundes nach einer jüngsten Umfrage des DMB eigentlich eine flächendeckende Lösung wollen, halten 98,5 Prozent der Mietervereine wenigstens die von Maas vorgelegte Mietpreisbremse für erforderlich. Dass den Mietern offenbar der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach ist, kommt nicht von ungefähr. Schließlich hat GdW-Chef Axel Gedaschko mit seiner Kritik an der beabsichtigten Mietpreisbegrenzung mehrfach das Bild vom »Schuss aus der Schrotflinte mit zu vielen Kollateralschäden« bemüht.

Mieterbunddirektor Lukas Siebenkotten sieht es weniger martialisch. Er befürchtet aber, dass mit den jetzt aus dem Boden schießenden Ablehnungsumfragen »Sand ins Getriebe« gestreut und die ohnehin begrenzte Mietpreisbremse »auf den St. Nimmerleinstag« verschoben werden soll. Erklärtes Ziel von Koalitionären wie Mietervertretern war es jedoch, bis zum Jahresende eine gesetzliche Lösung hinzubekommen.

Interessant ist, dass Wohnungs- und Immobilienwirtschaft bei all ihren Einwänden kein Wort über den Paragrafen 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes verlieren. Nach dem nämlich können Mieterhöhungen, die mehr als 20 Prozent über der Ortsüblichkeit liegen, als Ordnungswidrigkeit verfolgt und die Mieten rückwirkend auf die gesetzlich zulässige Höhe zurückgeführt werden. Der Paragraf kam in der Vergangenheit zwar nicht mehr zur Anwendung, weil der beschwerdeführende Mieter nachweisen musste, keine andere Wohnung gefunden zu haben - in Großstädten ein unlösbares Unterfangen. Justizminister Maas will jetzt den Paragrafen klammheimlich ersatzlos streichen - statt ihn zu reformieren, wie das 97,5 Prozent aller Mietervereine fordern. Damit würde jedwede Sanktionsmöglichkeit für Mietwucher beseitigt. Mit der von Maas so stolz erwähnten Ausgewogenheit dürfte das nichts mehr zu tun haben.