nd-aktuell.de / 30.04.2014 / Politik / Seite 4

Zwischenrufvize

Die Bundesregierung schickt CSU-Mann Wolfgang Zöller zur Beratung in Sachen Gesundheitsreform nach Griechenland

Silvia Ottow

Der Mann ist vor allem als Zwischenrufer aktenkundig. Auf einer vom »Stern« vor Jahren veröffentlichten Top-Ten-Liste erreichte der langjährige Bundestagsabgeordnete mit 830 Unhöflichkeiten in der laufenden Legislaturperiode immerhin Platz 8, noch früher war er gar der Vizespitzenzwischenrufer des Bundesparlaments. 2013 hat Wolfgang Zöller die oberste Volksvertretung verlassen. Allerdings nicht, weil der 72-jährige Unterfranke nicht mehr dazwischenfunken möchte, sondern nur, weil er es anderswo tun will. Zöller wird von der Bundesregierung nach Griechenland geschickt, um dort die Reformen im Gesundheitsbereich beratend zu begleiten. So mancher dürfte sich angesichts dieser Absichten die Augen reiben. Während die Bundesregierung ihren Abgesandten als patientennah anpreist, erinnert man sich hierzulande an den Flop mit dem Patientenrechtegesetz - gelandet zu einer Zeit, in der Wolfgang Zöller für diesen Bereich verantwortlich war.

Der katholische Maschinenbauingenieur und verheiratete Vater von zwei Kindern - Mitglied der CSU seit 1969 - sammelte erste politische Erfahrungen im Gemeinderat seines bayerischen Geburtsortes Eisenbach, später in den Gremien der CSU und im Bundesparlament. Von jeher beschäftigte er sich mit Sozial- und Gesundheitspolitik, gilt als Experte, aber als streng konservativer. So polemisiert er aktiv gegen Abtreibung und vertritt die Interessen der Pharmaindustrie gegen die der von den Patienten finanzierten Krankenkassen. 2009 wurde er Mitglied im Bundestagsausschuss für Gesundheit und Patientenbeauftragter. Als im vergangenen Jahr unter seiner Mitwirkung ein Patientenrechtegesetz verabschiedet wurde, stellte sich heraus: Es bündelt lediglich vorhandene Regeln und Patienten haben genau solche Schwierigkeiten wie vorher, gegen Ärzte oder Kassen ihre Rechte durchzusetzen. Es gibt keinen Härtefallfonds und keinen Schutz vor überflüssigen Therapien. Geschützt werden nur die Hersteller. Das ist anscheinend auch der Kern der deutschen Therapie für das griechische Gesundheitswesen.