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Heimspiel für die Baskische Arbeitersolidarität

Radikale Gewerkschaft fordert in Bilbao, «nicht zu resignieren» / CGTP Portugals sieht kampfreiche nächste Monate

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Zwei gewerkschaftliche Strategien trafen an diesem 1. Mai in Spanien aufeinander: Sozialpakt oder Konfrontation zur Verteidigung der Rechte wie in Portugal.

Weder in der spanischen Hauptstadt Madrid, noch in der katalanischen Kapitale Barcelona oder den Metropolen Andalusiens, sondern in Bilbao im Baskenland fand erstmals die zentrale Maidemonstration der großen spanischen Gewerkschaften statt. Die Arbeiterkommissionen (CCOO) und die Arbeiterunion (UGT) hatten zu 70 gemeinsamen Demonstrationen aufgerufen und zentral nach Bilbao mobilisiert. Dort führten die Gewerkschaftschefs Ignacio Fernández Toxo und Cándido Méndez den Marsch an.

Vor gut 10 000 Teilnehmern erklärten sie: «Die »Kürzungs- und Sparpolitik ist gescheitert«. CCOO und UGT, die hier nur eine Minderheit vertreten, verwiesen dabei auf die hohe Arbeitslosigkeit. Gerade stellte die Nationale Statistikbehörde (INE) fest, dass mit fast sechs Millionen Menschen etwa 26 Prozent der Erwerbsfähigen arbeitslos sind. Nach Meinung von Toxo belügt die konservative Regierung die Bevölkerung, weil weiter Stellen abgebaut würden. »Wir haben die Krise nicht überwunden.« Millionen hätten keinen Job und keine Chance, bald einen zu finden.

Die INE bestätigte, dass gegenüber dem Vorquartal in den ersten drei Monaten 2014 gut 184 000 befristete Jobs aus dem Weihnachtsgeschäft wieder verloren gingen. »Ohne qualitativ hochwertige Beschäftigung wird es keine Erholung geben«, sagte der CCOO-Chef Toxo. Méndez von der kleineren UGT forderte »stabile Jobs mit Rechten« und griff ausufernde befristete Beschäftigungsverhältnisse und die Arbeitsmarktreform an, mit der der Kündigungsschutz weiter ausgehebelt und Abfindungen verbilligt wurden.

Gefordert wurden Lohnerhöhungen, um die Nachfrage im Land und die Wirtschaft anzukurbeln. »Der Export allein wird uns nicht aus der Krise ziehen«, warnte Toxo. Er forderte Reformen - aber andere als die, die von der regierenden Volkspartei durchgezogen würden - und verlangte eine neue Steuerpolitik, den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Korruption sowie staatliche Investitionen. Beide sprachen sich gegen »deutsche Minijobs« aus, die es unmöglich machten, von der Arbeit zu leben.

CCOO und UGT sehen Spanien nicht nur wegen wachsender Unabhängigkeitsbestrebungen im Basken- land und in Katalonien in einer »Staatskrise« und boten der Regierung einen »Sozialpakt« an, um die Probleme zu meistern.

Nicht nur kleinere spanische Gewerkschaften kritisieren diesen Kurs. Die baskischen Gewerkschaften setzen auf »Organisation und Kampf«, wie es der Chef der großen Baskischen Arbeitersolidarität (ELA), Adolfo Múñoz, erklärte. Für ihn ist nicht nur das Sozialpaktmodell ein Teil des Problems. Er verwies darauf, dass CCOO und UGT in Andalusien selbst massiv in Korruption verstrickt seien und »Gelder zur Fortbildung von Arbeitslosen« abgezweigt hätten. Wie alle baskischen Gewerkschaften setzt die ELA auf Konfrontation mit Regierung und Unternehmen. Muñoz rief dazu auf, »nicht zu resignieren, sondern sich zu bewegen und für bestehende Rechte zu kämpfen«.

In Portugal sorgte die konservative Regierung für eine noch stärkere Mobilisierung zu den Maidemon᠆strationen. Das Kabinett hatte ausgerechnet am Vortag des 1. Mai angekündigt, die Mehrwertsteuer und die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung erhöhen zu wollen. Für den Chef des großen kommunistischen Gewerkschaftsdachverbands (CGTP) handelte es sich um eine Provokation. Arménio Carlos erklärte schon vor der zentralen Demonstration am Nachmittag in der Hauptstadt, »dass die Hitze der Kämpfe die nächsten Monate bestimmen wird«, weil die Regierung weiter auf Konfrontationskurs bleibe.

Schon zuvor hatten Tausende in kleineren Städten demonstriert. Der CGTP-Chef kündigte eine Kooperation »über ideologische Grenzen hinweg« an. Gegen das »Paket der Aggressionen« schloss er einen neuen Generalstreik nicht aus, dem sich zuletzt im Juni 2013 auch kleinere Gewerkschaften angeschlossen hatten. Das Land wurde damals weitgehend lahmgelegt.

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