nd-aktuell.de / 09.05.2014 / Brandenburg / Seite 12

Wenn es Nacht wird im Tagebau

Andreas Fritsche
Arbeitsplätze sind das wichtigste Argument für die Braunkohle. Der Rohstoff wird von Vattenfall aber auch als notwendiger Begleiter der erneuerbaren Energien hingestellt.

»Strom muss auch weiterhin verlässlich Tag und Nacht zur Verfügung stehen - und zwar zu einem Preis, der die heimischen Arbeitsplätze international wettbewerbsfähig erhält und von allen Haushalten bezahlt werden kann«, argumentiert Vattenfall-Vorstand Hartmuth Zeiß.

Seiner Darstellung nach liefern die Braunkohlekraftwerke seines Unternehmens nicht nur zuverlässig Strom und Wärme. Mit rund 5900 Megawatt leisten sie auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint. Zeiß zeigt sich zuversichtlich, dass die Braunkohle »auch langfristig eine wichtige Rolle« spielen wird.

In Informationsbroschüren aus dem Hause Vattenfall wird der Rohstoff als »Energieträger mit Zukunft«, als »flexibel und unverzichtbar« bezeichnet. Die Macher gehen dabei von der zutreffenden Tatsache aus, dass der Ausbau der Stromtrassen der Entwicklung der erneuerbaren Energien hinterher hinkt. Es mangelt an Leitungen, die Windenergie aus dem Norden zur Industrie und in die dicht besiedelten Regionen im Süden bringen, bestätigt ein Interview mit Gunter Scheibner, dem Leiter Systemführung beim ostdeutschen Netzbetreiber »50 Hertz«. Die Bauarbeiten benötigen demnach in Deutschland einen Planungsvorlauf von bis zu zehn Jahren.

Zudem mangelt es an Speicherkapazitäten, um Stromüberschüsse für Zeiten höheren Bedarfs aufzuheben. Pumpspeicherwerke als »derzeit einzig verfügbare großtechnische Lösung« sind mit einer Leistung von lediglich 7000 Megawatt installiert. Andere Varianten wie Druckluftspeicher stecken noch in den Kinderschuhen. An der Erforschung und Erprobung der Möglichkeit, Batterien von Elektroautos nicht nur aufzuladen, sondern im Bedarfsfall auch anzuzapfen, beteiligt sich Vattenfall. Es dauert noch bis zur Serienreife.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) identifiziert die Speicherkapazität als entscheidendes Hemmnis der Energiewende. Übergangsweise werde deshalb die Braunkohle gebraucht, sind sich fast alle Experten einig, wobei die Zeitangaben jedoch pendeln zwischen wenigen Jahren und vielen Jahrzehnten. Ursprünglich sollten Gaskraftwerke einspringen, wenn an einem bewölkten Himmel Windstille herrscht. Gaskraftwerke lassen sich schneller hochfahren als Kohlekraftwerke. Es sind aber nicht genug Gaskraftwerke vorhanden - und laut Vattenfall ist Kohle auch billiger als Gas.