nd-aktuell.de / 09.05.2014 / Berlin / Seite 11

Schlaflager am Oranienplatz geräumt

Aktivist festgenommen, neue Proteste angekündigt

Jonas Pentzien

Punkt 6.45 Uhr am Donnerstag fährt eine Hundertschaft der Polizei am Oranienplatz vor. Der Hintergrund: Die Beamten übergeben ein Schreiben der Versammlungsbehörde. Der Inhalt: Das »Schlaflager« der Flüchtlinge entspricht nicht mehr dem Zweck der Mahnwache. Die Polizei beginnt mit der Räumung von Matratzen und Decken. Zuerst friedlich, dann rabiater.

Die Flüchtlinge überrascht der Einsatz - gerade erst haben doch wieder Gespräche mit Senat und Bund begonnen. »Eine Dauermahnwache ist rechtlich gedeckt, ein Schlafcamp nicht«, teilt Innensenator Frank Henkel (CDU) daraufhin mit. Bereits am Mittwochabend hatte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) ähnlich argumentiert und vor einem neuen Camp »gewarnt«.

Am Vormittag verschärft sich die Situation: Kurz vor Beginn einer für 11 Uhr angesetzten Pressekonferenz nimmt die Polizei den Flüchtlingsaktivisten Patras Bwansi fest und wirft ihm Körperverletzung vor. Andere Flüchtlinge widersprechen dieser Darstellung: Bwansi sei kurz zuvor in einen Busch auf Toilette gegangen, dort aber von Einheiten der Hundertschaft angegriffen und in Gewahrsam genommen worden. Vor Ort begründet die Polizei ihr Vorgehen zuerst mit der Ordnungswidrigkeit, später kommt die Straftat hinzu. Bwansi soll erkennungsdienstlich behandelt werden, hat keine Papiere. Daraufhin wird er abgeführt.

Rechtsanwalt Sven Richwin findet dieses Verfahren nicht ungewöhnlich, merkt aber an, dass die Polizei ganz genau wisse, »dass die Flüchtlinge keine Pässe haben«. Stärke zu zeigen, darum sei es bei der Aktion gegangen, sagt er am Vormittag dem »nd«.

Um 12 Uhr wird die Pressekonferenz dann ohne Bwansi abgehalten - die Flüchtlinge wollen über ihr Gespräch mit Aydan Özoğuz (SPD), Integrationsbeauftragte des Bundes, informieren. Özoğuz habe ihre Unterstützung bekräftigt, die Flüchtlinge aber an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verwiesen. Dem wollen wiederum auch die Flüchtlinge vom Alexanderplatz am Freitag um 14 Uhr einen Besuch abstatten.