Nein, Aus, Pfui!

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 3 Min.

Die guten Zeiten von RTL sind ja längst eher schlechte. Gut vier Millionen Zuschauer sind da also durchaus der Rede wert. Zumal sie vorige Woche dabei waren, als das »Team Wallraff« Missstände im Pflegeheim aufdeckte. Noch bemerkenswerter ist allerdings, dass das ZDF (das sich gerade mal wieder einen kleinen Skandal um Drehbücher des Ehemannes einer Redakteurin unter Pseudonym gönnt) tags drauf eine Reportage zu dem Thema gebracht hat, mit dem RTL acht Tage zuvor einen Sturm der Entrüstung entfacht hatte. Während der private Konkurrent jedoch skandalöse Dinge aufgedeckt hat, beschränkte sich »McDonalds gegen Burger King« auf einen billigen Geschmacksvergleich.

Da muss man froh sein, dass die »ZDFzeit« am Dienstag wegen eines Fußballländerspiels Pause macht - sonst hätte das Zweite womöglich die Live-Shows verschiedener ESC-Finales nach den Kriterien Pyrotechnik und Plastikpop verglichen. Oder auch, so als Anregung, die debilsten Filmtitel im TV-Angebot. Sieger der Woche ist klar die am Dienstag zu sehende Sat1-Komödie »Nein, Aus, Pfui! Ein Baby an der Leine«, vor der Show-Reihe »I Like the 90’s«, die sich an fünf Mittwochen dem ästhetisch jämmerlichsten Jahrzehnt widmet, seit man Jahrzehnten irgendeine Ästhetik zuordnet. Dritter Platz: »Mörderische Hitze«. Wobei das im Gegensatz zum feinen Understatement des sechsten »Spreewaldkrimis« steht, der diesmal gleich zu Beginn einen Täter präsentiert, dessen Opfer sich nun bloß noch finden lassen muss.

Der Film »Ein todsicherer Plan« hat nicht nur einen aufdringlichen Titel, sondern auch einen, der inhaltlich nicht korrekt ist. Denn als schwäbischer Handwerker, der sich von einer betrügerischen Bank sein sauer verdientes Geld zurückholen will, indem er sie überfällt, lässt Richy Müller schon nach fünf Minuten keinen Zweifel daran aufkommen, dass der todsichere Plan garantiert in die Hose geht. Gut gespielt ist der ARD-Mittwochsfilm trotzdem und außerdem ziemlich relevant in Zeiten biestiger Banken. Da verzeiht man dem Drehbuch sogar das hanebüchene Ende. Eine Nachsicht, die man Lars von Trier nie zuteilwerden ließe fürs Finish all seiner Filme (»Dancer in the Dark«, Dienstag, 21.50 Uhr, Servus), deren Figuren grundsätzlich übel zugerichtet werden. Das widerfährt naturgemäß auch den meisten der 14 Tagebuchschreiber, mit denen Arte morgen wieder die Apokalypse des Ersten Weltkriegs erzählt. Und auch die meisten Charaktere von »Real Humans«, der schwedischen Science-Fiction-Serie um durchdrehende Haushaltsroboter, kommen nicht gut aus ihrer Geschichte heraus.

Was da am Donnerstag um 21.45 Uhr auf gleichem Kanal in die 2. Staffel geht, wäre also zuweilen ein Fall für den »Tatortreiniger«, der eineinhalb Stunden zuvor bei EinsFestival eine vegane Leiche in Hamburg entsorgt, dem Ort also, der vor 40 Jahren mal kurz zu filmischem Weltruhm kam. Womit wir beim »Tipp der Woche« wären: »Die Akte Odessa« (Montag, 23.15 Uhr, N3), wo ein Hamburger Journalist untergetauchte Nazis jagt.

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