Wachtelkönig gegen Wasserbüffel

Amtlicher Kommunikationsversuch im Köpenicker Erpetal kommt verspätet

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Wasserbüffel, Baumfällungen und zukünftige Pläne des Bezirks für das Auenland sorgen weiterhin für hitzige Debatten.

Am vergangenen Sonnabend fand in Hirschgarten endlich das statt, was aufgeregte Bürger mindestens seit Februar vermisst hatten: Ein öffentlicher Termin mit Vertretern des Bezirksamtes zu den Fällaktionen im Landschaftsschutzgebiet Erpetal. Dort sollen demnächst einige Wasserbüffel weiden und so das Auenland vor Zuwachsen und Verwaldung bewahren. Die exotischen Rinder sollen kommen, weil maschinelle Mahd in den vergangenen Jahren durch den feuchten Untergrund immer weniger möglich war.

Zu der Begehung fanden sich mindestens 50 Interessenten ein. Nicht nur Mitarbeiter des bezirklichen Amtes für Umwelt und Naturschutz standen für Erklärungen bereit, sondern auch Bernd Machatzi, Mitarbeiter beim Landesbeauftragten für Naturschutz, sowie ein langjähriger Gutachter vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Der Veranstaltung fern blieb der zuständige Stadtrat und eine Vertretung des Grünflächenamtes - obwohl sie ihre Teilnahme zugesagt hatten.

Der Ansatz, gemeinsam zu strittigen Baumstümpfen zu gehen und sich unterwegs etwas über das Landschaftsschutzgebiet erklären zu lassen, wurde von etlichen Teilnehmern sofort abgelehnt. Sie sahen sich per se fachkundig als Anwohner, und wollten eher Erklärungen zu den bisherigen amtlichen Entscheidungen und insbesondere zur Beauftragung des Bauern Dirk Michel. Der hatte die Arbeiten in dem betroffenen Gebiet mit polnischem Personal durchgeführt - um den Trassenverlauf für den künftigen Gehegezaun freizulegen und einige, schon recht große Weiden wieder »auf Stock« zu setzen. Allein dieser Fachbegriff löste am Sonnabend erbitterte Debatten aus - ging es nun um wirkliche Fällungen, oder sollen die verbliebenen Baumstümpfe wieder austreiben?

Hitzig wurde aus dem Publikum auf bestimmte, im Tal beobachtete Tierarten verwiesen, einen Wachtelkönig zum Beispiel, der auf der Roten Liste der Brutvögel als stark gefährdet eingetragen ist, oder den Moorfrosch. Für den Wachtelkönig jedoch, so der Gutachter vom BUND, waren die Fällmaßnahmen genau das Richtige - denn der braucht eher freies Gelände als einen dichten Busch, um sich wohl zu fühlen.

Dem Bauern Dirk Michel wurde zu Ende April von Seiten des Grünflächenamtes der Vertrag gekündigt. Michel ist aber in Widerspruch gegangen und das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Es kann also durchaus sein, dass er im Ergebnis weiterhin auf bezirkseigenen Flächen zu Gange ist - einmal abgesehen von den Wiesen im Erpetal, die ihm persönlich gehören.

Sowohl von Seiten des Bezirkes als auch von der Senatsstelle wird inzwischen eingeräumt, dass bei den Eingriffen im Erpetal Anfang des Jahres zu massiv vorgegangen wurde. Aber auch ein beauftragter Bauer kann nur das machen, was ein Amt ihn machen lässt. Insofern waren die dringenden Nachfragen der Anwohner nach Konsequenzen im Naturschutz- wie auch im Grünflächenamt berechtigt. Mindestens diese Fragen bleiben weiter offen, und die Wanderung am Sonnabend kann für die künftige Öffentlichkeitsarbeit des Bezirkes in dieser Angelegenheit nur ein Anfang sein.

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