nd-aktuell.de / 26.05.2014 / Politik / Seite 14

15 000 mal Amiga, Litera und Co.

Im sächsischen Jesewitz trägt der Sammler Uwe Winkler in seinem Keller das Schallplatten-Erbe der DDR zusammen

Jörg Aberger, Jesewitz
DDR-Schallplatten sind für manchen längst ein begehrtes Sammelgut. Uwe Winkler in Sachsen hat sich zum Ziel gesetzt, von jeder Platte, die für den Normalbürger erhältlich war, ein Exemplar zu besitzen.

Ein nur wenige Quadratmeter großer Kellerraum beherbergt das akustische Erbe der DDR. Dort sind Regale von der Decke bis zum Fußboden mit Schallplatten gefüllt. Die mehr als 15 000 Alben, die sich hier aneinanderreihen, stammen alle aus einem Land, das es nicht mehr gibt. »Mein Ziel ist es, von jeder Schallplatte, die in der DDR für den Normalbürger erhältlich war, ein Exemplar zu haben«, sagt der Sammler Uwe Winkler im sächsischen Jesewitz. Seinem Traum ist er schon sehr nahe gekommen.

Es waren zwei Daten in seinem Leben, die die Sammelleidenschaft befeuerten: Einerseits das Weihnachtsfest nach seinem 13. Geburtstag, an dem er einen Plattenspieler geschenkt bekam. »Im darauffolgenden Sommer hat mir mein Opa die ersten drei Platten gekauft«, erinnert sich Winkler. Das zweite Datum ist mit weit weniger schönen Erinnerungen verknüpft. 2003 wurde bei dem staatlich geprüften Feuerwerker eine schwere Erkrankung diagnostiziert.

»Da habe ich mir ein Ziel gesteckt, das mich durch die Zeit der Chemotherapie gebracht hat«, sagt er. Und dieses Ziel bestand in nichts weniger als dem Wunsch, alle jemals in der DDR erschienen Schallplatten zusammenzutragen. Dabei sind die Platten für ihn durchaus mehr als reine Sammlerstücke: Mit klassischer Musik untermalt er bisweilen von ihm gestaltete Feuerwerke, Aufnahmen mit Hörfassungen deutscher Klassiker kamen seiner Tochter im Unterricht am Gymnasium zugute.

Wie der Sammler berichtet, waren im VEB Deutsche Schallplatten Berlin sechs verschiedene Marken zusammengefasst. »Amiga stand anfangs für Unterhaltungsmusik allgemein, später für Rock und Pop, während Eterna die klassische Musik repräsentierte«, beginnt Winkler die Aufzählung. Auf Nova wurden die Werke zeitgenössischer Komponisten - so die von Hanns Eisler verfassten Stücke - veröffentlicht. Schola hieß das Label, auf dem Platten für den Schulunterricht erschienen. Litera stand für Literaturaufnahmen. Aurora schließlich war die Sparte für Arbeiterlieder.

Es sind aber nicht die sechs verschiedenen Labels, die Winkler die Sammelei erschweren. »Zu jedem Mist gibt es Listen, nur zu DDR-Schallplatten nicht«, ärgert er sich. Der letzte Katalog des VEB Deutsche Schallplatten umfasst nur die Ausgaben bis 1972, die danach erschienenen Platten sind seines Wissens nirgendwo verzeichnet.

»Die größten Lücken in meiner Sammlung sind bestimmt Titel aus der Wendezeit, in der sich niemand mit DDR-Platten beschäftigt hat«, ist sich Winkler sicher. Und auch bei den Singles, den kleinen Schallplatten mit zwei oder auch vier Titeln, ist eine komplette Sammlung nur schwer zu verwirklichen. »Da ist vieles weggeworfen worden.«

Selbst das Deutsche Musikarchiv, das die in Deutschland auf den Markt gekommenen Tonträger sammelt und katalogisiert, tut sich schwer damit, die in der DDR erschienenen Platten zu erfassen, weil erst 1970 mit dem Sammeln begonnen wurde. »Das Deutsche Musikarchiv hatte - trotz seines Sitzes in Berlin West - ein Abkommen mit dem VEB Deutsche Schallplatten, dass sie die Produktionen geliefert bekommen«, erläutert Franziska Bohr von der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig. »Nach unseren Katalogrecherchen dürfte es für den VEB Deutsche Schallplatten in unserem Bestand circa 11 200 Schallplatten geben.« dpa/nd