»Filigran« soll Museum werden

Ein Verein will die einstige Führungsstelle des DDR-Verteidigungsrates wieder öffnen

  • Rainer Funke
  • Lesedauer: 4 Min.
Der unterirdische Koloss in Prenden gilt als Erich Honeckers Bunker. Auch sein Zimmer soll nach dem Willen eines Vereins Besuchern gezeigt werden. Doch noch ist der Zugang verschlossen.

Das weitläufige Gelände nahe Prenden im Barnimer Urstromtal ist von einem hohen Drahtzaun umgeben. Mittendrin: die einstmalige Führungsstelle des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. Die Tarnnamen lauten »Bunker 5001« oder »Filigran«. Bis 2008 konnte der unterirdische Koloss besichtigt werden. Danach wurden die Zugänge mit Beton verfüllt. Nun soll aus dem Relikt des Kalten Krieges ein Museum werden.

Die Tore der etwa zwölf Hektar großen Anlage sind mit Ketten und Schlössern gesichert. Das Mobiliar in den 40 dazugehörigen Gebäuden verrottet oder fehlt gänzlich. Hier waren einst an die 300 Soldaten untergebracht, die rund um die Uhr das Gelände absicherten. In unseren Tagen hängen Tapeten in Fetzen herunter. Teilweise sind die Fußböden eingebrochen. Längst hat sich Schimmel breitgemacht. Müllhaufen überall.

Im Bunker selbst sah es bereits vor sechs Jahren ähnlich aus. Die nahe gelegenen betonierten Garagen, die für gepanzerte Fahrzeuge vorgesehen waren, sind mit Geröll gefüllt. 30 kleinere Firmen, die sich hier angesiedelt hatten, sind längst wieder verschwunden. Darunter Tischler, Entsorger, Fassadensanierer, Maler, Schlosser und so weiter.

Nun soll nach dem Ansinnen eines 30-köpfigen Vereins das »Projekt 5001« in Angriff genommen werden. Es sieht eine dauerhafte Öffnung eines zum Museum umgestalteten Bunkers vor. Zudem soll das gesamte Areal Schritt für Schritt zu einem Anziehungspunkt für Touristen aus nah und fern ausgebaut werden. Aus den derzeit Ruinen gleichenden Gebäuden würden Hotels, Restaurants sowie Bildungsstätten für Schüler entstehen, wie der Westberliner Hannes Hensel sagt. Der 43-Jährige arbeitet als freiberuflicher Softwareentwickler und leitet das »Projekt 5001« samt dem erwähnten Verein.

Zuallererst werde man daran gehen, die Kontrolle über das Gelände zu übernehmen, die Bausubstanz zu sichern und den Bunker für die Öffnung vorzubereiten. Momentan wäre es auch noch nicht zu spät, die Substanz der anderen Gebäude zu retten, »vermutlich bleibt auch nicht mehr lange Zeit«. Es müsse jetzt etwas passieren. Spätestens hier dürften die Unwägbarkeiten und Risiken beginnen. Denn für diese ersten drei Vorhaben benötige man etwa 1,5 Millionen Euro, und zwar aus Spenden. Knapp 10 000 Euro hat der Verein bisher auf seinem Konto. Belüftung, Strom, Licht, Fluchtwege, Parkplätze und sanitäre Anlagen müssten erneuert, alles Organische entfernt werden. Das koste erst mal richtig Geld, meint Hensel. Und dann sei man an dem Punkt, an dem die stählernen Türen des Bunkers aufgingen. Mit den Eintrittsgeldern sollen Erhalt, Ausbau und das weitere Vorgehen finanziert werden. Hensel geht davon aus, dass man 2016 sagen könnte, es würde losgehen. Was eingenommen werde, würde sofort wieder investiert.

Ob der Bunker auch genügend Besucher anziehen werde, darüber mache man sich keine Sorgen, heißt es. Denn in den drei Monaten vor der Verschließung im Jahre 2008 hatten 20 000 Leute das dreistöckige Bauwerk besichtigt. Dass mit den anderen offenen Bunkern auf dem einstigen DDR-Territorium eher kein Geld zu verdienen ist und fast alle von Bürgern ehrenamtlich betrieben werden, wollte Hensel nichts wissen: »Das hier ist Honeckers Bunker, ob es nun stimmt oder nicht, dazu der technisch aufwendigste und interessanteste, wenn es um den Konfliktfall im Kalten Krieg geht, er ist weltweit Bunker Nummer 1, auch wenn man US-amerikanische einbezieht.«

Projekte wie das dieses Vereins gab es übrigens auch zuvor schon. Die wurden allerdings dem Vernehmen nach vom Berliner Senat abgelehnt, der Eigentümer des Grundes und des Bodens ist. Hensel glaubt, dass sich unterdessen die Stimmung bei diesem Thema gewandelt hat, und zwar dorthin, manche Dinge zu bewahren und zu erhalten. So sei es auch mit diesem Bunker. »Und wenn man dann belegen kann, dass man seriös und verlässlich vorgeht, dann sollte ein Projekt wie das unsere auch möglich sein.« Es habe durchaus Gespräche mit Verantwortlichen im Senat gegeben - allein eine verpflichtende Zusage gebe es bislang nicht.

Welche Motive treiben Hensel und seinen Verein, den Bunker wieder zu öffnen? Seine Antwort: »Die Besucher anno 2008. Da wurde klar, wie dankbar die Leute dafür waren und sind, dass sie hineinschauen und damit den direkten Bezug zum Kalten Krieg erleben durften.« Deshalb müsse man diesen geschichtsträchtigen Ort erhalten. Hensel erwartet um die 80 000 Besucher im Jahr. Auch wenn nur die Hälfte von Ihnen käme, würde man das Projekt weiter vorantreiben.

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