Zu wenig Geld geboten für Herrn Kuhnerts Haus

Im Streit um die Wasserrechnung eines alten Mannes aus Markgrafpieske scheiterte die Zwangsversteigerung

  • Sybille Gurack
  • Lesedauer: 2 Min.
Weil der einzige Bieter nur weniger als die Hälfte dessen zahlen wollte, was Peter Kuhnerts Grundstück wert ist, muss ein neuer Versteigerungstermin angesetzt werden.

Am Montag sollte das Elternhaus von Peter Kuhnert aus Markgrafpieske zwangsversteigert werden. Seit 18 Jahren liegen er und der Zweckverband Wasser und Abwasser Fürstenwalde im Streit wegen der Gebühren für eine Wasseruhr, die der Verband allerdings bereits vor Jahren demontierte und das Wasser abstellte, weil Kuhnert die Rechnung nicht hatte bezahlen können. Mittlerweile will der Gläubiger 7000 Euro, während Kuhnert notgedrungen auf seine alte Hauswasseranlage zurückgriff. (»nd« berichtete).

Nach der Taschenkontrolle im Eingangsbereich des Landgerichts Frankfurt (Oder) hefteten sich zwei Personenschützer an Kuhnerts Seite. Selbst beim Kaffee trinken in der Cafeteria und beim Gang zur Toilette blieben sie an ihm dran. Vorab war Kuhnert als selbstmordgefährdet eingestuft worden, deshalb hatte das Gericht für die Zeit der Zwangsvollstreckung eigentlich seine Einweisung in eine psychiatrische Klinik empfohlen. Das wollte in der vorigen Woche eine Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes bei einem Hausbesuch auch tun, nahm den Schwerbehinderten aber doch nicht mit. Ihr Eindruck war, dass er zwar krank und in großer Not sei, aber nicht gefährdet. So saßen denn nur Herr Kuhnert, seine Bodyguards, eine Rechtsanwältin des Zweckverbandes und ein Bieter für das Grundstück im Gerichtssaal. Der Vollstrecker erklärte die Bedingungen und setzte dann eine Frist von 30 Minuten zur Abgabe von Geboten. Es kam ein Gebot über 25 000 Euro. Das war aber nicht zuschlagsfähig. Denn die Immobilie hat einen geschätzten Verkehrswert von 91 400 Euro. Dem Bieter hätte nach der Belehrung klar sein müssen, dass sein Gebot mindestens die Hälfte dieses Wertes ausmachen muss.

Herr Kuhnert freut sich. Nun hat er Zeit gewonnen. Der zweite Vollstreckungstermin wird voraussichtlich im Oktober angesetzt. Bis dahin will der Markgrafpiesker das Unheil abwenden und ist optimistisch. Denn ihm ist gerade ein Gerichtsurteil eines anderen Abwasserrebellen zugetragen worden. Der bekam im Streit mit dem Zweckverband Fürstenwalde vor Gericht im Dezember 2004 Recht. Begründung: »schwerwiegende Mängel in der aktuellen Beitragssatzung, die zu deren Ungültigkeit führen«. Das würde bedeuten, dass alle Bescheide des Zweckverbandes für Kuhnert - und alle anderen Kunden - vor dieser Zeit null und nichtig sind.

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