Intelligente Diplomatie hilft gegen Krisen

Wissenschaftler lehnen in ihrem Friedensgutachten 2014 interventionistische Konfliktlösungen ab

  • Thomas Klatt
  • Lesedauer: 2 Min.
Bereits zum 27. Mal legten fünf führende Forschungsinstitute aus Deutschland am Dienstag ihr Friedensgutachten vor. Krisenprävention ist ihr vorrangiges Anliegen des 2014er Berichts.

Für die Empfehlungen für eine nachhaltigere Krisenpräventionspolitik haben die Autoren der mehr als 350 Seiten starken Studie kaum eine Konfliktregion dieser Welt ausgelassen. Trotzdem richten sie sich in erster Linie an die Politik der Bundesregierung wie der EU. Ines-Jacqueline Werkner von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft FEST in Heidelberg plädiert für eine strikte Einbindung Russlands in den Ukraine-Konflikt. Dass die NATO bereits 2008 Georgien wie auch der Ukraine einen Beitritt in Aussicht stellte, habe das Verhältnis zu Russland ebenso beschädigt wie das Angebot eines EU-Assoziierungsabkommens mit der Ukraine. Der Ukraine-Konflikt könne nur durch intelligente Diplomatie gelöst werden, indem alle Akteure eingebunden werden.

Die Friedensforscher empfehlen, eine Kontaktgruppe aus den fünf Ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates plus Ukraine, Polen und Deutschland einzusetzen. »Allen voran appellieren wir an die Kirchen sowie an die Konferenz Europäischer Kirchen in Brüssel, ihren Einfluss für einen Gewaltverzicht und Verhandlungslösungen geltend zu machen«, so Werkner.

Allerdings bedeute dies nicht, Russland nun zu einem neuen Partner vor allem in Rüstungsfragen zu machen. Denn der zweitgrößte Rüstungsexporteur der Welt wird selbst mit Waffen und Know-how aus dem Westen versorgt. So bezog Russland zwischen 2008 und 2012 Militärgüter aus der EU im Wert von 925 Millionen Euro, vornehmlich aus Frankreich, Deutschland und Italien. »Rüstungsexporte in Spannungsgebiete und Lieferung von Waffen und Überwachungstechnologien an autokratisch regierte Staaten sind ein Skandal. Wir fordern ein umfassendes Waffenembargo der EU gegen Russland«, sagt Werkner.

Im Syrien-Konflikt allerdings komme die internationale Diplomatie an ihre Grenzen. Im Moment könne man daher kaum mehr tun als menschliche Hilfe zu leisten. Doch dem komme Deutschland noch zu wenig nach. »Wir halten eine Luftbrücke, wie sie Rupert Neudeck vorgeschlagen hat, für sinnvoll. Geradezu skandalös sind die europäische und die deutsche Aufnahmepolitik. Wir appellieren an die Bundesregierung, mindestens 200 000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen«, fordert Werkner.

Das Friedensgutachten lehnt die Bildung einer dauerhaften europäischen Interventionsarmee ab, denn militärische Lösungen seien keine Perspektiven für einer dauerhafte Friedenspolitik. Vielmehr müsse die Rolle der OSZE wie auch des Europäischen Auslandsdienstes gestärkt werden. Nötig sei eine intelligentere Auslands- und Sicherheitspolitik. Waffen, Material und Ausbilder in Entwicklungs- und Krisengebiete zu schicken, um so die Exekutive zu ertüchtigen, wie es die deutsche Kanzlerin formulierte, wird im Friedensgutachten 2014 deutlich kritisiert.

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