Job statt Baby für Frauen in Kambodscha

  • Michelle Tolson, Phnom Penh
  • Lesedauer: 2 Min.

In dem südostasiatischen Staat Kambodscha, dessen etwa 14 Millionen Einwohner zu 60 Prozent weiblich sind, wird das Recht der Frauen auf reproduktive Selbstbestimmung durch unsichere Arbeitsverträge, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen und das weitgehende Fehlen von Sozialleistungen für Mütter unterminiert. Diese Missstände sind vor allem in der Bekleidungsindustrie zu beobachten, die 80 Prozent zu den gesamten Exporten des südostasiatischen Landes beiträgt. Ungefähr 90 Prozent der Arbeitskräfte in diesem Bereich sind Frauen, deren Arbeitsrechte mit Füßen getreten werden.

Seit der Staat 2005 ein Freihandelsabkommen mit der Welthandelsorganisation WTO schloss, sind langfristige Verträge durch Kurzzeit- und befristete Verträge verdrängt worden. Letztere werden von ostasiatischen Fabrikbesitzern und westlichen Herstellern wie Gap, Walmart und H&M bevorzugt. Die informellen Einigungen »verstoßen gegen die Reproduktionsrechte der Arbeiterinnen«, sagt Sophea Chrek vom 'Workers Information Center' (WIC).

»Frauen mit Kurzzeitverträgen für drei bis sechs Monate oder manchmal sogar nur für einen Monat setzen ihren Job nicht wegen eines Babys aufs Spiel«, sagt Chrek. »Normalerweise entscheiden sie sich zu einer Abtreibung, bevor der Vertrag endet, damit die Vorarbeiter ihren Zustand nicht bemerken.«

Gemäß dem kambodschanischen Arbeitsrecht sind Fabriken dazu verpflichtet, Frauen Mutterschutzurlaub zu gewähren. Die meisten entziehen sich dieser Verantwortung durch Kurzzeitverträge. Die rund 600 000 Arbeitskräfte sind somit der Willkür ihrer Arbeitgeber ausgeliefert.

Laut Melissa Cockroft, Beraterin für sexuelle und reproduktive Gesundheit, greifen Frauen, die keinen Zugang zu Dienstleistungen der Familienplanung haben, oftmals zu frei verkäuflichen chinesischen Arzneimitteln, um ihre Schwangerschaft abzubrechen. Diese Methoden können tödliche Folgen haben. Dennoch tun sich Kambodschanerinnen schwer damit, den kostenlosen Rat von Hilfsorganisationen einzuholen.

Wie Cockroft erklärt, lassen zehn bis zwölf Stunden lange Arbeitstage mit kurzen Pausen meist keine Zeit, um Beratungstermine wahrzunehmen. Viele Arbeiterinnen hätten so viel zu tun, dass sie nicht einmal über eigene Kinder nachdenken könnten. Erschwerend kommt hinzu, dass sexuelle Gesundheit in der traditionell orientierten Gesellschaft Kambodschas ein Tabuthema ist. IPS

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