nd-aktuell.de / 14.06.2014 / Politik / Seite 5

Ruhe, Ordnung und ein paar Syrer mehr

Nach der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern: Pro Asyl ist enttäuscht über die Regelung zu syrischen Flüchtlingen

Stefan Otto
Die Innenminister ließen auf ihrem Treffen ein wenig Milde gegenüber syrischen Flüchtlingen walten. Dafür versprachen sie Härte gegenüber Gewalttätern beim Fußball und bei Linksradikalen.

Das große Thema der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern in Bonn war der Beschluss eines dritten Bundesprogramms zur Aufnahme von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen. 10 000 weitere Schutzbedürftige sollen nach Deutschland eingeflogen werden. Das Kontingent beträgt dann insgesamt 20 000 Flüchtlinge.

Enttäuscht von dem Beschluss zeigte sich die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. 76 000 Syrer hätten bereits einen Antrag auf Einreise gestellt. Deshalb bedeute die Einigung im Umkehrschluss, dass mehr als 60 000 Flüchtlinge zurückbleiben würden, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt am Freitag. Er befürchte, dass die vielen Menschen, die keine Chance hätten, legal nach Europa zu kommen, die gefährliche Flucht übers Mittelmeer versuchen würden.

Auch bei den Länderprogrammen, wonach in Deutschland lebende Syrer Verwandte aufnehmen dürfen, sofern sie für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, sieht Burkhardt große Hürden. »Wenn die Bundesländer menschliche Härten vermeiden wollen, müssen sie in eigener Regie die Anforderungen an die Sicherung des Lebensunterhalts herunterschrauben«, forderte er.

Grundsätzliche Kritik an der deutschen Asylpolitik wird auch nach dem Treffen der Innenminister bleiben. Daran lässt auch die Verleihung eines Negativpreises an den Bundesinnenminister Thomas de Maizière keinen Zweifel. Der Christdemokrat wurde von jungen Flüchtlingen am Rande der Konferenz zum Abschiebeminister 2014 gewählt. De Maizière wolle per Gesetz die Abschiebehaft ausweiten und die versprochene Bleiberechtsregelung durch Aufenthaltsverbote aushebeln, kritisierte Nelli Foumba Soumaoro von der Initiative »Jugendliche ohne Grenzen« am Donnerstagabend.

Sie bezieht sich auf einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, wonach Flüchtlingen bereits beim Verdacht einer Verschleierung von Personen- und Fluchtangaben rigoros Abschiebehaft droht. Kritiker warnen, dass diese Regelung bei der Mehrheit der Schutzbedürftigen angewendet werden könnte.

»Jugendliche ohne Grenzen« wirft dem Innenminister zudem vor, Flüchtlinge aus den Balkanländern pauschal zu Armutszuwanderern zu erklären. Diese Kritik bezieht sich auf einen Gesetzesentwurf de Maizières, der in der Vorwoche im Bundestag diskutiert wurde und die Staaten Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Sollte das Gesetz so beschlossen werden, wären Asylgesuche aus diesen Ländern nahezu aussichtslos. Gleichwohl Menschenrechtler immer wieder darauf hinweisen, dass vor allem Sinti und Roma in den Ländern unterdrückt würden.

Von den Protesten der Mahner der Asylpolitik am Donnerstagabend in Bonn zeigte sich die Innenministerrunde unberührt. Sie verständigten sich noch über weitere Themen: Beim Umgang mit Gewalttätern bei Fußballspielen soll künftig eine vernetzte und länderübergreifende Zusammenarbeit erfolgen. »Wir wollen, dass erkannte Gewalttäter gar nicht erst die Reise zu einem Fußballspiel antreten dürfen«, erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Ralf Jäger. Meldeauflagen sollen die Reiselust von gewalttätigen Ultras oder Hooligans eindämmen. Die Minister berieten auch über verringerte Kartenkontingente für Auswärtsfans bei Hochrisikospielen und personalisierte Eintrittskarten. Dazu hat der Deutsche Fußballbund bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, an der auch der Nationale Ausschuss für Sport und Sicherheit beteiligt ist.

Bei der Bekämpfung von linken Gewalttätern sehen sich die Innenminister dagegen noch nicht recht im Bilde. Daher solle erst noch ein aktuelles Lagebild erarbeitet werden, erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) am Freitag. »Danach werden wir klarer sehen, wie wir auch den Linksextremismus bekämpfen können.«