Das Unheimliche der Klarheit

Franz Kafkas »Prozess« am Berliner Ensemble

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: ca. 5.0 Min.

Kafkas Welt besteht aus lauter Botschaften, die nicht ankommen. So sagte sinngemäß der Kafka-Biograf Klaus Wagenbach. Claus Peymanns Welt dagegen besteht aus lauter Botschaften, die auf direktem Weg ihr Ziel suchen. Eine schlechte Kombination also, Kafkas »Prozess« in der Regie von Claus Peymann? Nicht unbedingt. Jedenfalls dann nicht, wenn noch etwas Drittes hinzukommt, das diesem Widerspruch eine Spielfläche bietet, die das Denkstück erlebbar macht. Achim Freyer ist dieser Dritte, der mit seiner ebenso kargen wie unheimlichen Funktionsbühne die innere Mechanik unserer verwalteten Welt sichtbar macht, die nicht wir beherrschen, sondern die uns beherrscht.

Peymann, der Theateraktivist vergangener Zeiten, der linke Gesinnung gern mit Anklage und Handlungsaufforderung verbindet, klärt mit Kafkas »Prozess« gleichsam sich selber über die eigenen Illusionen auf. Allein schon die forcierte Langsamkeit am Berliner Ensemble, die Spars...


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