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In Uniform zur Regenbogendemo

Mehrere hunderttausend Menschen feiern mit drei verschiedenen Paraden den CSD

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Teilnehmer von insgesamt drei Christopher-Street-Day-Demos bevölkerten am Sonnabend die Straßen Berlins.

Als erste CSD-Demonstration startete die Veranstaltung des »Aktionsbündnisses CSD 2014« um 12 Uhr vor der Botschaft Ugandas, das seinen homosexuellenfeindlichen Kurs seit Jahren immer weiter verschärft, den Reigen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sowie Renate Künast (Grüne) eröffneten dort den Zug, dessen Organisatoren, darunter die Berliner Aidshilfe und der Lesben- und Schwulenverband, sich als politischer und nichtkommerzieller als die traditionelle CSD-Parade sehen. »Toleranz für Homo- und Transsexuelle ist eine Frage der Menschenrechte«, sagte Wowereit. Er beklagte unter anderem auch das fehlende Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. »Das beliebte Schimpfwort ›schwule Sau‹ gehört runter von unseren Schulhöfen und Sportplätzen«, sagte Schwesig unter dem Jubel von einigen tausend Teilnehmern.

Bemerkenswert war die hohe Anzahl von Schildern, die Missstände anprangerten und politische Forderungen erhoben. In Häftlingskleidung, Ketten und mit aufgeschminkten Verletzungen machte eine Gruppe auf die Lage Angehöriger sexueller Minderheiten weltweit aufmerksam. »Uganda + LGBTI* = Mordopfer« oder »Jamaica + LGBTI* = 10 Jahre Haft« stand auf den Pappen, die sie trugen. Als der Zug die russische Botschaft erreichte, ertönte ein gellendes Pfeifkonzert. Der nun einsetzende Regen ließ den Zug auf seinem weiteren Weg zum Schöneberger Nollendorfplatz - dem traditionellen Zentrum der Berliner Schwulenszene - stark schrumpfen.

Nach wie vor die größte Demonstration mit mehreren hunderttausend Teilnehmern ist die traditionelle Parade des CSD e.V., der um 12.30 Uhr von der nigerianischen Menschenrechtsaktivistin Dorothy Aken’Ova eröffnet wurde. In Nigeria sei so eine Veranstaltung »ein Traum«, aber sie wisse, dass er irgendwann wahr werde. 25 Dragqueens paradierten mit den Flaggen von besonders homosexuellenfeindlichen Ländern vorneweg. Eine Aktion, die durchaus für Irritationen sorgte. »Ich werde doch nicht noch mit solchen Flaggen herumlaufen«, kommentierte eine Beobachterin. Rund 30 Wagen nahmen an dem Umzug teil, darunter auch Fahrzeuge der Botschaften der USA, der Niederlande sowie von Großbritannien, Neuseeland und Kanada mit einem gemeinsamen »Commonwealth-Truck«.

Ebenfalls ein ungewohnter Anblick waren die uniformierten Polizeibediensteten mehrerer Länder, die anlässlich der Konferenz der European Gay Police Association in der Stadt waren und an der Demonstration teilnahmen. Neben schwedischen und britischen Beamten waren auch Vertreter mehrerer Bundesländer dabei. Unter anderem Bayern und Brandenburg erlaubten ihren Polizisten eine Teilnahme jedoch nur ohne Uniform. Wogegen der Potsdamer Kommissar Marco Klingberg aber bewusst verstieß. Er wolle eine Grundsatzentscheidung in der Frage. Der Sieg von Conchita Wurst beim European Song Contest schlug sich auch verkleidungstechnisch nieder, immer wieder war der Look mit Kleid, Bart und langen Haaren zu sehen. Die Schlusskundgebung fand vor der CDU-Zentrale in Tiergarten statt, die CSD-Festmeile erstreckte sich von dort bis zur Siegessäule.

Erst um 16 Uhr begann der Kreuzberger CSD am Oranienplatz. Nachdem sich im letzten Jahr das bisherige Organisationsbündnis im Streit um möglichen Rassismus aufgelöst hatte, nahmen verschiedene Bars und Clubs sowie Vereine und Einzelpersonen die Sache in die Hand. »Die Oranienstraße ist keine Einbahnstraße - Solidarität auch nicht!«, so lautete das Motto des nur wenige hundert Meter langen Zuges bis zum Heinrichplatz. Bezahlbarer Wohnraum für alle, soziale Absicherung und Unterstützung sowie Bleibe- und Wahlrecht für alle waren die Forderungen des Bündnisses. Auf der Bühne am Heinrichplatz sprachen unter anderem Vertreter der Flüchtlinge vom Oranienplatz.

Bereits am Freitagabend führte der Dyke* March vom Frankfurter Tor in Friedrichshain zum Kottbusser Tor. 3000 Teilnehmer wollten nach Veranstalterangaben damit »für mehr lesbische Sichtbarkeit« sorgen.

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