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CDU mit Fußballorakel blamiert

Generalsekretärin verhieß Wahlsieg analog zu einem Sieg Deutschlands über Ghana

Die CDU beschloss am Sonnabend ihr Programm für die Landtagswahl am 14. September. Sie verspricht 1000 zusätzliche Lehrer.

Die CDU werde die Landtagswahl am 14. September gewinnen, so wie Deutschland bei der Fußball-WM gegen Ghana gewinnen werde. Mit diesem naiven Orakel blamierte sich Generalsekretärin Anja Heinrich am Sonnabendvormittag bei einem CDU-Landesparteitag in Potsdam. Denn am Abend schaffte die deutsche Nationalmannschaft in Brasilien gerade einmal ein Unentschieden.

Viele Politiker können es während eines Fußballturniers einfach nicht lassen, schräge Vergleiche zu dieser Sportart zu ziehen. So wählte auch Katherina Reiche den Jargon der Sportjournalisten, um die vorgeblich so ausgezeichneten Chancen der CDU zu illustrieren. Die Staatssekretärin des Bundesverkehrsministers sagte bei dem Parteitag im Seminaris-Seehotel, der Ball liege auf dem Elfmeterpunkt, die CDU müsse ihn nur noch ins Tor schießen. Bislang verwertete die märkische CDU ihre Chancen bei Landtagswahlen allerdings miserabel. Lediglich 1990 erzielte sie mit 29,5 Prozent ein gutes Ergebnis, damals mit dem letzten DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel als Mannschaftskapitän. Die 26,5 Prozent im Jahr 1999 waren auch ganz ordentlich. Doch bei allen anderen Landtagswahlen blieb die CDU unter 20 Prozent und gilt deshalb als der notorisch schlechteste Landesverband der Partei. Der Grund dafür: keine Harmonie im Team, schlechte Ballannahme, Foulspiel in den eigenen Reihen.

Trotzdem ist es doch mehr als nur Zweckoptimismus, wenn der Landesvorsitzende, Fraktionschef und Spitzenkandidat Michael Schierack am Sonnabend sagte: »Die Stimmung ist gut, so gut wie lange nicht mehr.« Mit Blick auf den deutlichen Sieg der märkischen CDU bei der Bundestagswahl 2013 und den knappen Sieg bei der Kommunalwahl am 25. Mai sagte Schierack: »Wir können trotz aller Ansagen Wahlen in Brandenburg gewinnen.« Der Spitzenkandidat weiß jedoch, dass Landtagswahlen noch einmal etwas anderes sind. Denn seine Partei schnitt in Brandenburg bei Bundestags- und Kommunalwahlen bisher in der Regel besser ab. Deshalb werden es für die CDU »harte« 85 Tage bis zur Abstimmung, erwartete Schierack. Es gelte, die Ärmel hochzukrempeln, erklärte er. Die jüngste Umfrage versprach der CDU 28 Prozent, der SPD 30 und der Linkspartei 23 Prozent.

Dem Wähler - der Parteitag beschloss einstimmig das Wahlprogramm - verspricht die CDU neben 100 Polizisten mehr an der polnischen Grenze 1000 zusätzliche Lehrer, damit nicht mehr so viel Unterricht ausfällt. Es könne doch nicht sein, dass Kinder keine Note in Englisch bekamen, weil der Lehrer ein halbes Jahr lang krank war, schimpfte Schierack. Obendrein stellte er mehr Erzieher in Aussicht. Denn den Betreuungsschlüssel in den Krippen möchte die CDU auf eins zu fünf verbessern und den in den Kindergärten auf eins zu elf - also ein Erzieher für fünf beziehungsweise elf Kinder. Die Kosten dafür beziffert die CDU auf 100 Millionen Euro jährlich, wobei sie im Wahlprogramm nicht klar sagt, woher dieses Geld kommen soll. Schierack verriet lediglich: »Wie werden keine neuen Schulden aufnehmen, wir werden im Haushalt umschichten.«

Der Spitzenkandidat trug seine Rede in nicht gerade kämpferischem Ton vor, wobei sich aber seine Wortwahl nicht durch Besonnenheit auszeichnete. So klang es beinahe lustlos, wenn Schierack über die angeblich »verkorkste Bildungspolitik« von Rot-Rot wetterte. Er wirkte stellenweise wirr (»der Erfolg hat sich ja gelohnt«) und verhaspelte sich manchmal, sprach von »Elon« statt von »Elan«. Die Delegierten spendeten anschließend freundlich, aber keineswegs frenetisch Applaus.

Auch die FDP, der nach fünf Jahren im Landtag nun wieder einmal das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde droht, verabschiedete am Sonnabend in Potsdam ihr Wahlprogramm. Dabei verwendete Fraktionschef Andreas Büttner ebenfalls Fußballvokabular. Er sprach mit Blick auf die vergeigte Bundestagswahl von einer verkorksten Saison: »Unser Spiel war mangelhaft. Der Abstieg war die Folge.« Jetzt werde für den Wiederaufstieg gekämpft.

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