Zwergenaufstand gegen Seehofer

Geschasster EU-Spitzenkandidat wirft CSU-Chef Wankelmut und Einflussverlust vor

  • Lesedauer: 2 Min.
Die mit rund 40 Prozent der Wählerstimmen aus CSU-Sicht enttäuschend verlaufene Europawahl hat ein Nachspiel: Von Seehofer abservierte Spitzenleute rebellieren.

München. Vier Wochen nach der CSU-Schlappe bei der Europawahl reißt die innerparteiliche Kritik an Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer nicht ab. Der CSU-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Markus Ferber, warf Seehofer vor, in Berlin die falschen Anliegen zu verfolgen und überdies wankelmütig zu sein. Bei der Europawahl am 25. Mai hatte die CSU in Bayern nur rund 40 Prozent erzielt. Anschließend war Ferber wohl auf Seehofers betreiben als Chef der CSU-Europagruppe durch die bisher außerhalb des Landes eher unbekannte oberbayerische CSU-Politikerin Angelika Niebler ersetzt worden - nach immerhin 15 Jahren in dieser Position.

»Mütterrente oder Ausländermaut sind keine Kernanliegen Bayerns«, konterte Ferber nun im Interview mit dem Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« - und setzte hinzu, die CSU sei »heute in Berlin ähnlich einflusslos wie 2008 unter Beckstein und Huber.« Die Wahrnehmung vieler Bürger sei die folgende: »Wenn genügend Druck auf den CSU-Chef aufgebaut wird, springt Seehofer schon.«

Unter Ministerpräsident Günther Beckstein und Parteichef Erwin Huber hatte die CSU 2008 erstmals seit 46 Jahren ihre absolute Mehrheit in Bayern verloren und musste eine Koalitionsregierung mit der FDP eingehen. Seehofer holte die absolute Mehrheit im Land zurück.

Auch der ehemalige Bundesinnen- und Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kritisierte, dass die CSU ihre Ziele in Berlin nicht mehr durchsetze. »Seit Jahren ist die Beseitigung der kalten Progression im Steuerrecht ein Kernanliegen der CSU«, sagte Friedrich. »Unsere Wähler verstehen nicht, warum sich die CSU in Berlin auf einmal nicht mehr dafür einsetzt.« Friedrich hatte seinen Hut als Bundesminister im Gefolge der Affäre um den früheren SPD-Parlamentarier Sebastian Edathy nehmen müssen. Ihm wurde vorgehalten, den SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann frühzeitig von den Vorwürfen gegen Edathy unterrichtet zu haben.

Der frühere CSU-Chef Huber hatte Seehofer bereits vor drei Wochen »politische Todsünden« bescheinigt und eine personelle Neuaufstellung gefordert. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag und die Landtagsfraktion stellten sich aber hinter Seehofer.

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