Schwerste Kirchenstrafe für Mafiosi

Papst Franziskus exkommunizierte die ’Ndrangheta / Lob für Rede gegen die organisierte Kriminalität

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Als erster Papst in der Geschichte der katholischen Kirche besuchte Franziskus am Wochenende Kalabrien, das Kernland der ’Ndrangheta.

»Die Männer der ’Ndrangheta gehören nicht zur Gemeinde Gottes, sie seien exkommuniziert«, mit diesen deutlichen Worten distanzierte sich Papst Franziskus auf der Messe von Sibari von all jenen, die dem organisierten Verbrechen in Kalabrien, aber auch in den anderen Regionen Italiens angehören. Worte, die nicht im offiziellen, kurz vor der Messe verteilten Redetext Franziskus’ standen. Deutliche Worte, wie sie noch nie ein Oberhaupt der katholischen Kirche gefunden hatte.

Mit seiner Rede entblößte der Papst den lange gehegten Mythos, bei den Mafiosi handele es sich um gottesfürchtige, der Kirche treu ergebene Ehrenmänner. Und: Dieser Landesteil sei beherrscht vom Bösen, das man nicht dulden dürfe, gegen das man vorgehen und das man aus der Gesellschaft entfernen müsse.

Offenbar fürchtete der Papst nicht die Reaktionen der Mafia auf seine Worte. Die waren in der Vergangenheit deutlich: Als Johannes Paul II. am 19. Mai 1993 im sizilianischen Agrigento die Kriminellen der Cosa Nostra zum »Bereuen« und zur »Umkehr« aufforderte, explodierte zwei Monate später in der römischen Kirche San Giovanni in Laterano eine von den Corleone-Clans platzierte Bombe.

Franziskus hielt keinen flammenden Appell gegen den Drogenhandel, gegen die Morde und gegen die Geschäfte des organisierten Verbrechens. Er erinnerte schlicht an die Ermordung des dreijährigen Coco Gampolongo. Das Kind wurde gemeinsam mit seinem Großvater und dessen Lebensgefährtin Anfang des Jahres am Rande von Cosenza erschossen und in einem Fiat Punto verbrannt aufgefunden - ein Racheakt der ’Ndrangheta für nicht bezahlte Drogen. Bei dem Besuch des Vaters, der im Gefängnis von Castrovillari wegen Drogenhandels einsitzt, sagte der Papst: »Nie wieder darf das Leben eines Kindes zerstört, darf ein Kind solche Qualen aushalten müssen.«

Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi begrüßte die Worte. »Nun ist es an den Menschen guten Willens, sich nicht dieser Kultur der Illegalität zu beugen«, schrieb Renzi auf Facebook. Die Präsidentin der Antimafia-Kommission des italienischen Parlaments, Rosy Bindi, erklärte, Franziskus habe klargestellt, dass ein Zusammenleben mit der Mafia nicht möglich sei. Die organisierte Kriminalität könne aber nur besiegt werden, wenn ihre wirtschaftlichen Strukturen zerschlagen würden.

Längst ist die kalabresische Mafia - neben Camorra, Cosa Nostra und Sacra Corona Unita eine von insgesamt vier in Italien - in führenden Industrien weltweit engagiert und setzt nach Schätzungen jährlich 53 Milliarden Euro um. Über 400 ihrer Mitglieder sind Führungskräfte in Unternehmen von 30 Ländern. Ein Geschäftsleben, das häufig über Konten der Vatikanbank in Rom abgelaufen ist. Zwar hatte Franziskus zu seinem Amtsantritt die völlige Aufklärung der Geldwege »seiner« Bank zugesagt, doch die Umsetzung ist aufgrund der Vielzahl der Konten und geheimen Schließfächer schwierig.

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