nd-aktuell.de / 24.06.2014 / Kommentare / Seite 4

Kerrys Wettlauf

Olaf Standke über den Besuch des USA-Außenministers in Bagdad

Olaf Standke

Es hat inzwischen etwas von einem Wettlauf: Die ISIS-Verbände rücken immer näher auf Bagdad vor, der USA-Außenminister trifft in Kairo ein. Die Dschihadisten überrennen Grenzposten zu Jordanien und Syrien, John Kerry eilt in die irakische Hauptstadt. Noch ist Obamas Emissär schneller dort als die Terrorgruppe »Islamischer Staat in Irak und Syrien«. Aber Washingtons Nervosität zeigt sich auch an diesem Überraschungsbesuch. Geht es doch nicht nur um die Folgen für Irak, obwohl die schon fatal genug sein könnten, vom Bürgerkrieg bis zum Auseinanderbrechen in drei Teile. Der Vormarsch könnte tatsächlich zum angestrebten Islamisten-Kalifat führen, das auch weitere Staaten gefährdet und eine ganze Region destabilisiert.

Kerry soll nun im Eiltempo erreichen, was die Obama-Regierung bisher geradezu verantwortungslos versäumt hat: den noch unter Präsident Bush installierten schiitischen Premier Nuri al-Maliki davon zu überzeugen, die anderen Bevölkerungsgruppen im Zweistromland stärker einzubinden und so schnell wie möglich eine Regierung zu bilden, die die Interessen aller Iraker vertritt. Also mit Sunniten und Kurden auf Augenhöhe. Nur so bleibt vielleicht noch die Chance, nach dem offensichtlichen Zerfall der irakischen Armee den des ganzes Landes zu verhindern. Möglich aber auch, dass Kerry hier nur noch den sprichwörtlichen Hasen gibt.