nd-aktuell.de / 27.06.2014 / Kultur / Seite 1

Vier Tage Ferienkommunismus

Vom Militärflugplatz zum Partygelände: In Lärz begann das Fusion-Festival

Berlin. Pünktlich um 18 Uhr ist die Rakete am Donnerstag wieder gestartet. Seit 1997 findet alljährlich das Fusion-Festival auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Lärz an der Müritz statt. Bis Sonntag ist das Gelände nun eine riesige Party-Spielwiese für Jugendliche und Junggebliebene. Dabei zogen dieses Jahr im Vorfeld einige düstere Gewitterwolken an der mecklenburgischen Seenplatte auf. Manche langjährige Fans des Festivals, das eine Rakete im Logo hat, glaubten schon, ihren Ferienkommunismus an den Turbokapitalismus verloren zu haben. Zwar lautet das inoffizielle Motto des Festivals »Ferienkommunismus statt Turbokapitalismus« und mit seinen über 60 000 Besuchern im letzten Jahr gilt es als das mit Abstand größte unkommerzielle Festival weit und breit. Werbung von großen Konzernen etwa sucht man hier vergebens.

Doch der Ferienkommunismus hat ein großes Problem: Es wollen mehr Menschen rein als drinnen Platz haben. Deswegen sollen letztes Jahr mehrere Tausend Partywütige über den Festivalzaun geklettert sein - nicht, weil sie sich den Eintritt sparen wollten, sondern weil sie keines der streng limitierten Tickets mehr bekommen hatten. Der Fusion-Organisator, der Verein Kulturkosmos Müritz, reagierte für dieses Jahr mit der strikten Losung: »No Ticket, no Entry« (Kein Ticket, kein Eintritt). Ein zweiter Zaun mit NATO-Stacheldraht wurde gebaut. Für viele alte Fans des unkommerziellen Festivals war das zu viel. Parallelen zur EU-Flüchtlingspolitik wurden gezogen. Etwa mit der satirischen Facebook-Seite »Fusion schützen - illegale Einwanderung bekämpfen«. Und nun? Hat die Revolution ihre Kinder gefressen?

Letzten Endes soll es nicht so schlimm sein, wie Pessimisten vorhersagten. Erste Gäste berichten, dass der neue Zaun gar nicht so martialisch aussehe wie befürchtet. Die Stimmung sei gut. Vielleicht ist die Fusion ja das beste Beispiel dafür, was man aus einem alten Militärflughafen machen kann. nd

Weiterlesen:

Das große Aufräumen danach[1]
20 Jahre nach dem Truppenabzug tut sich Jüterbog schwer mit der Überwindung des militärischen Erbes

Es bleibt viel zu tun[2]
Allein für die Konversion des Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner Heide wird mit Kosten in dreistelliger Millionenhöhe gerechnet

Links:

  1. http://www.nd-aktuell.de/artikel/937303.das-grosse-aufraeumen-danach.html
  2. http://www.nd-aktuell.de/artikel/937302.es-bleibt-viel-zu-tun.html