nd-aktuell.de / 02.07.2014 / Brandenburg / Seite 10

Die Acht vor dem Komma

Arbeitslosenquote sank im Juni um 0,3 auf 9,0 Prozent - den niedrigsten Wert seit 1991

Andreas Fritsche
Die Erwerbslosenquote sinkt, doch jeder dritte Beschäftigte arbeitet im Niedriglohnbereich. Die LINKE verspricht, Maßnahmen zu ergreifen, soweit es in ihrer Macht steht.

»Wir schrammen an einer weiteren psychologisch wichtigen Prozentmarke«, sagt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). »Ich hoffe sehr, in diesem Jahr noch eine acht vor dem Komma zu sehen.«

Die Arbeitslosenquote ist im Juni auf 9,0 Prozent gesunken. Sie lag damit 0,3 Prozent niedriger als im Mai und 0,5 Prozent niedriger als vor einem Jahr. 120 253 Brandenburger sind nun noch erwerbslos registriert. Es sei die »niedrigste Arbeitslosigkeit in einem Juni seit 1991«, erklärte Dieter Wagon, Regionaldirektionschef der Arbeitsagentur. »Auch die Arbeitslosenzahl junger Menschen unter 25 Jahren geht weiter deutlich zurück«, bemerkte Wagon am Dienstag. Die Jugenderwerbslosenquote hat bereits die ersehnte acht vor dem Komma. Sie liegt gegenwärtig bei 8,5 Prozent.

»Gerade für junge Menschen verbessert sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt zunehmend«, frohlockt Sozialminister Günter Baaske (SPD). »Unsere Jugendlichen haben beste Chancen, die Unternehmen suchen händeringend gut ausgebildeten Nachwuchs.« Baaske mahnt bei dieser Gelegenheit wieder einmal die Firmen, an die Zukunft zu denken. »Gute Ausbildungsbedingungen und eine anständige Bezahlung ab dem ersten Lehrjahr sind die beste Werbung«, sagt er.

Gesunken ist auch die Zahl der älteren Arbeitslosen. Darüber freut sich Ministerpräsident Woidke. »Wir brauchen alle«, erklärt er. »Die jungen Menschen mit ihrer Kraft und ihrem Elan und die Älteren mit ihrer Erfahrung und Routine.«

Mittlerweile sind in Brandenburg 50 618 Langzeitarbeitslose gemeldet. Vor einem Monat waren es noch 51 507, vor einem Jahr 52 037. Auch hier gibt es also Bewegung in die richtige Richtung. Die DGB-Landesbezirksvorsitzende Doro Zinke warnt jedoch davor, die Lage allzu rosig einzuschätzen. »Die niedrigsten Arbeitslosenquoten seit Beginn der 1990er Jahre dürfen nicht darüber hinweg täuschen«, sagt sie, »dass sich die Qualität der Arbeitsplätze verschlechtert hat und die Bezahlung dramatisch hinterher hinkt.« 30 Prozent der Beschäftigten in Brandenburg bekommen Doro Zinke zufolge lediglich Niedriglöhne. Deswegen summieren sich die ergänzenden Sozialleistungen auf 172 Millionen Euro im Jahr.

Gebraucht werde ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn ohne Ausnahmen für Langzeitarbeitslose, Praktikanten, Saisonarbeiter und Zeitungszusteller, sagt der Landtagsabgeordnete Andreas Bernig (LINKE). Die politische Entscheidung darüber liegt aber beim Bund, wie so oft, wenn es um Regularien für Wirtschaft und Arbeitswelt geht. Das weiß die LINKE. Sie hat es berücksichtigt bei ihrem Entwurf des Landtagswahlprogramms für den 14. September. Zwei bis drei Seiten sind dem Arbeitsmarkt gewidmet, mit dem sich keine andere Partei in ihrem Wahlprogramm so intensiv beschäftigt. Die LINKE will den Entwurf am kommenden Sonnabend bei einem Parteitag in Cottbus beschließen.

Der Landesverband sieht durchaus trotzdem Möglichkeiten auf Landesebene, die von der rot-roten Koalition bisher auch genutzt worden sind. So wurde eine einigermaßen zumutbare Entlohnung der Beschäftigten zur Bedingung für die Vergabe öffentlicher Aufträge gemacht. Der dabei geltende Mindestlohn wurde schrittweise auf jetzt 8,50 Euro angehoben. »Wir streben als nächsten Schritt zügig die Einführung einer Lohnuntergrenze von zehn Euro pro Stunde an«, versichert die LINKE den Wählern.

Doch damit nicht genug. Im Entwurf steht: »Gerechte Bezahlung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen sind Forderungen, die in der Mitte der Gesellschaft beginnen, und nicht erst an den prekären Rändern des Erwerbslebens. In Brandenburg sind die durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelte im vergangenen Jahrzehnt zwar um 13 Prozent gewachsen, die Verbraucherpreise jedoch um 16 Prozent. Faktisch wurde die Steigerung bei den Erwerbseinkommen durch die Inflation aufgefressen.« Nach Ansicht der Sozialisten muss endlich aufhören, dass Frauen schlechter bezahlt werden als Männer, und Leiharbeiter schlechter als die Stammbelegschaft. Sei die LINKE Regierungspartei, dann sei sicher, dass die Landespolitik ihre Möglichkeiten voll ausschöpfen werde, »um die Lohnspirale nach unten zu stoppen«, versichert die Partei.