Aufgeputscht?

Michael Hartmann (51, ledig, 
katholisch) legte seine politischen Ämter nieder

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

»Innenausschuss mit 45 Tagesordnungspunkten hat begonnen«, twitterte Michael Hartmann noch am Mittwochmorgen. Zu diesem Zeitpunkt wusste der SPD-Mann, der innenpolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion ist, noch nicht, was sich in seiner Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg abspielte. Polizisten mit Spürhunden und zwei Staatsanwälten im Schlepp stellten Hartmanns Wohnung auf den Kopf. Die Aktion endete erst am späten Nachmittag - ohne Erfolg. Dennoch kam dann auch die Nachricht, dass der Bundestag die Immunität des stets freundlichen und immer etwas zurückhaltend wirkenden Kollegen aufgehoben hat. Angeblich soll der observierte Hartmann etwas von der Modedroge Crystal Meth bestellt haben. Eigenbedarf. Die Dealerin, zu der der Abgeordnete Beziehungen unterhalten haben soll, war bereits im Visier der Drogenfahnder.

Dass von Terminen und Medien durch einen langen Tag getriebene Spitzenpolitiker oft zu Pillen greifen, ist in Berlin längst kein Geheimnis mehr. Auch »Koks« zieht sich manch Abgeordneter oder Ministerieller rein. Das, was Hartmann bestellt haben soll, wird synthetisch hergestellt. Vor allen in Tschechien. Crystal Meth putscht auf, macht euphorisch, hält wach, hebt das Selbstwertgefühl. Hunger und Durst sind perdu. Doch dann kommt der Absturz: Schlaflosigkeit, Depressionen.

So soll der Rheinland-Pfälzer, der seit 2002 im Parlament sitzt, der im BND-Untersuchungsausschuss einen guten Job machte, der den Koalitionsvertrag mit aushandelte, der in der G10-Kommission sitzt und im Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste als scharfer Kritiker der NSA aufgefallen sein soll, durchs Leben geschwebt sein?

Irgendwie hat die SPD kein »Glück« mit Innenpolitikern, die ihren Job verstehen. Hartmann war mit dem SPD-Politiker Sebastian Edathy befreundet. Gegen den ermittelt nicht nur die Staatsanwaltschaft wegen des angeblichen Erwerbs von kinderpornografischen Materials. Das Parlament beschloss einen Untersuchungsausschuss - genau an jenem Tag, an dem auch Michael Hartmanns Karriere (vermutlich) endete.

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