nd-aktuell.de / 11.07.2014 / Politik / Seite 14

Vor dem Wohlfühl-Wahlkampf

In zehn Wochen wird in Sachsen gewählt - auf eine Überraschung deutet bisher wenig hin

Hendrik Lasch, Dresden
In der letzten Sitzung des Landtags hat der Wahlkampf in Sachsen begonnen. Er wird erstmals sogar an der Ostsee stattfinden - verspricht bislang aber wenig Spannung.

Es wird gearbeitet bis zum Schluss: Eine mündliche Anfrage zum Wasserhaushalt in einem Naturschutzgebiet setzte gestern letzte Akzente auf der Tagesordnung der 101. Sitzung des sächsischen Landtags. Danach war die fünfte Wahlperiode im Freistaat Geschichte. Die meisten der 132 Abgeordneten gehen indes nahtlos in den Wahlkampfmodus über: Am 31. August wird im Freistaat gewählt.

Faktisch eröffnet wurde der Wahlkampf schon tags zuvor - mit der Debatte zu einer Regierungserklärung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Diese nutzte der CDU-Politiker, der ab 2009 in einer Koalition mit der FDP regiert hatte, nicht nur zum Rückblick auf »fünf gute und erfolgreiche Jahre«. Er betrieb auch gleich Wählerwerbung, indem er Vorhaben der nächsten Wahlperiode skizzierte - von der Entwicklung ländlicher Räume bis zur Neuordnung der Finanzen zwischen Bund und Ländern. Tags zuvor hatte Tillich bereits einen Entwurf für den Haushalt 2015/16 vorgelegt - für den formal erst der nächste Landtag zuständig ist. »Diese Koalition«, sagte er zur Begründung, »denkt über Legislaturen hinaus.«

Ob das derzeit für alle Teile der Koalition zutrifft, sei dahingestellt; die FDP, die nur noch in Sachsen einer Landesregierung angehört, denkt angesichts von Umfragewerten stabil unter fünf Prozent derzeit wohl erst einmal nur bis zum Wahlabend. Spitzenkandidat Holger Zastrow kündigt aber an, man wolle kämpfen »wie die Löwen« - mit Machete statt Florett.

Im Gegensatz dazu muss Tillich nur lächeln und nicht wirklich kämpfen: Die CDU liegt in Umfragen meilenweit vor der Konkurrenz; zeitweise sah es so aus, als könne sie sogar die 2004 verlorene absolute Mehrheit zurückerobern. Auch wenn das nicht klappen sollte, dürften viele ähnlich nüchtern denken wie die grüne Spitzenkandidatin Antje Hermenau: Es scheine nur noch darum zu gehen, »für die CDU einen tüchtigeren Koalitionspartner als jetzt« zu finden.

Widerspruch kommt eigentlich nur von der LINKEN. Deren Landes- und Fraktionschef Rico Gebhardt spricht von der »hoffentlich letzten CDU-geführten Regierung« in Sachsen und beschwört ein Bündnis seiner Partei mit SPD und Grünen als »Zukunftsmodell« für den Freistaat. Die derart Umworbenen indes halten sich auffallend zurück. Sie beteuern ihre Bereitschaft zum Regieren - halten sich aber offen, mit wem. SPD-Chef Martin Dulig sieht sich durch eine MDR-Umfrage bestätigt, wonach die Mehrheit der Sachsen eine Koalition von CDU und SPD bevorzuge. Angesichts leicht sinkender Umfragezahlen fügt er an, man müsse den Wählern nun nur noch klar machen, »dass sie die SPD dann auch wählen müssen«.

Auf harten Wahlkampf oder gar eine Schlammschlacht deutet deshalb nichts hin. Beobachter glauben eher, dass in den zehn Wochen der »Wohlfühlfaktor« eine zentrale Rolle spielt - selbst bei der LINKEN. Mit negativen Botschaften, stellte Spitzenkandidat Gebhardt vor Monaten fest, sei »keine Meinungsführerschaft zu gewinnen«; man wolle den Bürgern lieber eigene »Vorstellungen für ein besseres Leben« nahe bringen; sogar von einem »Wohlfühlplan« war die Rede.

Dazu passt, dass Gebhardt auch am Strand von Usedom um Wähler wirbt. Die Koalition hatte den Wahltag trotz Protest der Opposition auf den letzten Sonntag in den Ferien gelegt. Nun buhlt die Opposition eben auch um Urlauber. Die SPD reist ebenfalls an die Ostsee - und die Grünen baggern an sächsischen Badeseen.