nd-aktuell.de / 14.07.2014 / Politik / Seite 13

Gerichtstermin in Sachen Frankenschleichweg

Die Stadt Nürnberg will eine Dauerstaustelle durch einen Tunnel entlasten - Kritiker befürchten dann noch mehr Autoverkehr

Cathérine Simon, Nürnberg
Seit Jahren wird in Nürnberg über den Ausbau des Frankenschnellwegs gestritten - das ständig verstopfte Verbindungsstück der Autobahn 73 durch das Stadtgebiet. Nun hat ein Gericht das Wort.

Für viele Nürnberger ist das Wort Frankenschnellweg ein Paradoxon - kommt man auf dem Verbindungsstück der Autobahn 73 innerhalb des Stadtgebiets doch meist nur langsam voran. Viele nennen die Straße daher nur »Frankenschleichweg«. Auf dem knapp zwei Kilometer langen Nadelöhr zwischen den Stadtteilen Gostenhof/Sündersbühl und Steinbühl müssen die Fahrzeuge drei Ampel-Kreuzungen überqueren - lange Staus sind die Regel.

Um den Verkehr schneller zu machen, will Nürnberg hier einen Tunnel bauen und kreuzungsfreie Zu- und Abfahrten in die Stadt. Weiter westlich sollen Lärmschutzwände die Anwohner schützen. Die Kommune verspricht sich davon weniger Staus, Lärm und Abgas, einen neuen Park und mehr Platz für Rad- und Fußwege. Die Gegner befürchten, dass der Verkehr durch den Ausbau noch zunimmt. Der Bund Naturschutz (BN) und vier Anwohner haben gegen das Projekt geklagt. An diesem Montag treffen sich beide Seiten vor dem Verwaltungsgericht Ansbach. Stadtsprecher André Winkel: »Wir sehen der Sache gelassen entgegen, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.«

Pikant: Vor seinem Job bei der Kommune war Winkel Geschäftsführer beim BN, dessen Vertreter nun auf der Klägerseite Platz nehmen. Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) spricht beim Ausbau des Frankenschnellwegs gerne von einem »notwendigen Stück Stadtreparatur«. Winkel sagt, nicht nur durch den geplanten neuen Stadtteilpark werde sich die Lebensqualität und die Situation der etwa 7500 Anwohner deutlich verbessern. Und auch für die Pendler werde das Leben leichter, wenn der Verkehr besser fließe.

Über das knapp 450 Millionen Euro teure Projekt wird seit Jahren gestritten. Mit dem kreuzungsfreien Ausbau werde die A 73 zur attraktiven Stadtautobahn und noch mehr Verkehr von der längeren Umfahrung nördlich von Nürnberg angezogen - vor allem Lastwagen, sagen die Kritiker. »Das ist ein Rückfall in die verkehrspolitische Steinzeit, zu glauben, dass man mit mehr Spuren den Verkehr verbessern kann«, sagt Richard Mergner vom BN. »Wenn man eine Straße ausweitet, zieht man sich nur mehr Verkehr an.« Auch die Belastung mit Schadstoffen wie Feinstaub werde zunehmen. Für Mergner ist klar: »Man will hier nicht die Situation der Anwohner verbessern, sondern die der Autofahrer.«

Viel sinnvoller wäre es seiner Meinung nach, das Geld in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zu stecken - etwa für die geplante Stadt-Umland-Bahn von Nürnberg nach Erlangen. Nur so bekomme man einen Teil der Pendler weg von der Straße.

Knackpunkt bei der Verhandlung wird sein, dass die Stadt den Frankenschnellweg innerhalb der Stadt als Kreisstraße sieht. Die von Bamberg kommende A 73 endet am nördlichen Rand von Nürnberg. In der Stadt verbindet der Frankenschnellweg sie mit der Schnellstraße an der südöstlichen Stadtgrenze, die zu den Autobahnen 6 und 9 führt. Für eine Kreisstraße wäre die Kommune zuständig, für eine Autobahn der Bund. »Hier in Nürnberg entsteht ein Lückenschluss für eine Autobahn«, begründete Rechtsanwalt Eike Schönefelder seine Klage für den BN. Daher hätte es auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung geben müssen.

Der BN kam zudem zu dem Schluss, dass die Verkehrsprognosen der Stadt nicht haltbar seien, »weil sie auf völlig veralteten Grundlagen beruhen«. Eine Verkehrsmatrix aus den Jahren 1987/88 sei zugrunde gelegt worden, »aus einer Zeit, als die DDR noch existierte und die Verkehrsströme noch ganz anders aussahen«.

»Die Kläger haben da eine falsche Auffassung, was die Kreisstraße angeht«, widerspricht Stadtsprecher Winkel. »Über 90 Prozent aller Fahrten, die über den Frankenschnellweg führen, bewegen sich innerhalb der Städte Nürnberg, Fürth, Schwabach und Erlangen«, sagt er. »Der Durchgangsverkehr macht nur sechs Prozent aus.« dpa/nd