Snowden warnt Briten vor Überwachungsstaat

Konservative wollen im Eilverfahren die Überwachung von Telefon- und Internetverbindungen neu regeln

  • Meike Stolp, London
  • Lesedauer: 2 Min.
Die britische Regierung will im Eiltempo neue Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung einführen, um ihr Land besser vor Terroranschlägen schützen zu können.

Schnell sollte es gehen und möglichst ohne große öffentliche Aufmerksamkeit. Doch die britische Regierung, die in großer Eile die Überwachung von Telefon- und Internetverbindungen im Königreich neu regeln wollte, hat nicht mit Edward Snowden gerechnet. Der ehemalige US-Geheimdienst-Mitarbeiter hat der Tageszeitung »The Guardian« im Asyl in Russland ein Interview gegeben, in dem er das Vorgehen der britischen Regierung scharf kritisierte. Die Regierung des konservativen Premiers David Cameron will die Speicherung von Verbindungsdaten von Telefongesprächen und Internetverbindungen neu regeln, nachdem der Europäische Gerichtshof im Frühjahr die EU-Richtlinie dazu gekippt hatte. Die geplante Datenspeicherung sei dazu geeignet, den Bürgern ein ständiges Gefühl der Überwachung zu vermitteln, erklärte der EuGH. In Großbritannien soll jetzt im Ausnahmefall auch der Inhalt der Kommunikation gespeichert werden dürfen. Begründet wird das mit den Konflikten in Syrien, Irak und Teilen Afrikas und der wachsenden Terrorgefahr.

Whistleblower Snowden sagte dazu, dass er sich vor allem über die Eile der Briten und den Willen der britischen Regierung wundere, die Gesetze ohne große öffentliche Diskussion durch das Parlament zu jagen: »Ist es wirklich so aufwendig für uns, sich ein paar Tage Zeit für die Debatte zu nehmen, wo die rote Linie für die Behörden gezogen werden soll und was wirklich dem öffentlichen Interesse dient?« Der Amerikaner kennt sich aus mit Abhöraktionen des britischen Geheimdienstes. Er hatte Dokumente über das britische Überwachungsprogramm »Tempora« - dessen Existenz von der britischen Regierung bis heute weder bestätigt noch bestritten wurde - entwendet und herausgegeben. 2013 wurden sie vom »Guardian« veröffentlicht.

Dieses Überwachungsprogramm ist diese Woche auch Gegenstand einer gerichtlichen Anhörung. Mehrere Menschenrechtsgruppen haben Beschwerde bei Großbritanniens unabhängigem Geheimdienstgericht eingelegt. Nur dieses Gericht darf die Arbeit der mächtigen britischen Geheimdienste untersuchen. Die Richter des Investigatory Powers Tribunal sollen klären, wie weit staatliche Überwachung gehen darf. Die IPT-Anhörungen werden etwa eine Woche dauern und nur zum Teil öffentlich sein. Die meisten Anhörungen finden hinter verschlossenen Türen statt. Seit der Gerichtshof vor 14 Jahren geschaffen wurde, hatte keine einzige Beschwerde Erfolg. Gegen das Urteil kann kein Rechtsmittel eingelegt werden.

Noch im März dieses Jahres hatten der stellvertretende Premierminister, der liberal-demokratische Nick Clegg, und der oppositionelle Labour-Chef Ed Miliband eine Reform des IPT gefordert, weil dieser nach Meinung der beiden Parteivorsitzenden nicht transparent genug sei.

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