Schaut Nußbaum in Steuerakten der Bürger?

Es gibt keine Aufzeichnungen über die der Leitungsebene des Finanzressorts vorgelegten Fälle

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Linkspartei sorgt sich um die Wahrung des Steuergeheimnisses. Auf eine Parlamentarische Anfrage, ob sich der Finanzsenator Steuerakten von Bürgern anschaut, gab es nur eine vage Antwort.

Die Behörde von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD) kann keine Auskunft darüber geben, wie viele Steuerakten von Bürgern seit 2010 auf den Schreibtischen der politischen Leitung einschließlich des Senators landeten. Das geht laut «Tagesspiegel» aus der Antwort von Finanz-Staatssekretärin Margaretha Sudhof auf eine Parlamentarische Anfrage des LINKE-Abgeordneten Klaus Lederer hervor.

Lederer forderte eine genaue Auflistung, wie viele Fälle generell in den Jahren 2011 bis 2014 der «politischen Leitungsebene vorgelegt wurden, und ob diese auch Akten angefordert habe. Aufzeichnungen über die Anzahl der »seit 2010 vorgelegten Berichte werden weder in den Finanzämtern noch in der Senatsverwaltung für Finanzen geführt«, antwortete Sudhoff.

Nach Angaben der Staatssekretärin werden Vorgänge von »grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Leitung der Berliner Steuerverwaltung« der Abteilungsleiterebene vorgelegt. Und je »nach der Bedeutung der jeweiligen Angelegenheit« würden »diese Vorgänge darüber hinaus auch der Hausleitung vorgelegt«. Kriterien dafür wurden nicht genannt.

Da keine Vermerke gemacht werden, konnte Sudhoff auch nicht die Frage Lederers beantworten, ob sich Nußbaum oder Abteilungsleiter der Finanzbehörde Steuerunterlagen von anderen Senatskollegen, Abgeordneten, von Leitungen oder Aufsichtsratsmitgliedern öffentlicher Unternehmen angeschaut haben.

Dass es keine Dokumentation darüber gebe, wer wann worüber in Steuersachen informiert wurde, »ist absolut nicht nachvollziehbar«, kritisierte Lederer. »Ich bin davon ausgegangen, dass es Kriterien gibt, nach denen die Finanzverwaltung von ihrem Aufsichtsrecht Gebrauch macht.« Der LINKE-Vorsitzende forderte klare Regelungen, wie die Fachaufsicht ausgeübt werden darf.

Der Berliner Medienanwalt Christian Schertz sagte, er halte die Praxis, keine Vermerke zu machen, für problematisch. Mindestens müsse durch Paraphen, also Namenszeichen, nachvollziehbar sein, durch welche Hände die Steuerakten gegangen seien, sagte Schertz. Nur so ließe sich in Zukunft das Steuergeheimnis wirklich sicherstellen.

So habe sich bei den sich häufenden Fällen von Durchstechereien von Steuervergehen Prominenter an die Medien nie aufklären lassen, wer hierfür jeweils verantwortlich war. Das sei aber datenschutz-, persönlichkeits- , aber vor allen Dingen steuerrechtlich ein nicht hinnehmbarer Zustand.

Schertz hatte für Alice Schwarzer Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Weitergabe von Informationen zu ihrem Fall an Medien gestellt. dpa/nd

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