Israel fordert Demilitarisierung von Gaza

Nach tagelanger Offensive sind die Operationsziele der Regierung Netanjahu weitgehend unklar

  • Oliver Eberhardt, Tel Aviv
  • Lesedauer: 2 Min.
Internationale Bemühungen um eine Waffenruhe in Israel und Palästina sind in vollem Gange. Israel macht seine Zustimmung aber von einer Demilitarisierung in Gaza abhängig.

Die Ernüchterung ist deutlich zu spüren, in der Politik, in den Medien: Eine Woche dauert die israelische Militäroperation im Gaza-Streifen an, fliegt Israels Luftwaffe tagtäglich Angriffe auf mehr als 300 Ziele in dem dicht bevölkerten Landstrich. Doch die Raketen, die von dort aus abgefeuert werden, werden einfach nicht weniger. Um die 1200 waren es bisher, während an die 2000 Luftangriffe geflogen wurden. Mindestens 180 Menschen starben.

Und so wird nun sehr deutlich die Frage gestellt, wie es denn weitergehen soll. »Wenn die Anführer der Hamas aus ihren Verstecken hervorkriechen, werden sie den Schaden sehen, den wir ihnen zugefügt haben«, sagte Verteidigungsminister Mosche Ja’alon am Montag. Doch Jossi Jehoschua kommentiert in der Zeitung »Jedioth Ahronoth«, die Hamas sei nicht so sehr geschwächt worden, wie Israels Regierung es darstellt. Dabei ticke die Uhr zunehmend schneller, warnt der Militärrundfunk: »Die internationale Gemeinschaft hat eine Woche lang stillgehalten; ab jetzt wird der Ton schärfer werden.«

Die Bemühungen um eine diplomatische Lösung laufen nun auf Hochtouren: Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier wird in Israel und Palästina erwartet, nachdem er zunächst in Jordanien vorsprach. Darüber hinaus wird auch in Washington und bei der Europäischen Union an einem Plan für das Ende der Auseinandersetzung gebastelt.

Nur: Israels Regierung fordert eine Demilitarisierung des Gaza-Streifens; die Raketen und Waffenfabriken dort müssten komplett zerstört werden. Außerdem müsse Ägypten sicherstellen, dass keine neuen Tunnel unter der Grenze hindurch gegraben werden. Aber: Dafür müssten entweder israelische Truppen dort einmarschieren oder die internationale Gemeinschaft den Job übernehmen. Ausländische Streitkräfte im Gaza-Streifen lehnt Israel allerdings bislang ab, und auch bei den Vereinten Nationen ist man nicht begeistert von dem Gedanken. Denn es gilt als unwahrscheinlich, dass die palästinensischen Kampfgruppen ihre Waffen freiwillig abgeben werden. Aus ihrer Sicht sind sie das einzige Mittel, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Wie sich Israels Regierung die Umsetzung der Forderung nach einer Entwaffnung vorstellt, ist dementsprechend ebenso unklar wie die Antwort auf die Frage, ob die Bodenoffensive, die seit einer Woche im Raum steht, kommen wird. Auch hier hält sich Regierungschef Netanjahu bedeckt. Und sein Außenminister Avigdor Lieberman erklärte am Montag nur allgemein, dass es ein Fehler wäre, den Einsatz zu beenden, bevor alle Ziele erreicht sind. Israels Linke moniert den »Mangel an klaren Entscheidungen«, so Jitzhak Herzog, Vorsitzender der Arbeitspartei. Netanjahu solle endlich klar benennen, was er genau vorhat und wie sein Notfallplan aussieht, wenn diese Ziele nicht erreicht werden. Seite 6

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