Sachenbacher-Stehle ärgert verhängte Höchststrafe

Die für zwei Jahre gesperrte Biathletin vermutet hinter dem harten Urteil in ihrem Dopingprozess ein statuiertes Exempel

  • Volker Gundrum und
Andreas Schirmer, München
  • Lesedauer: 3 Min.
Evi Sachenbacher-Stehle fühlt sich durch die zweijährige Dopingsperre ungerecht behandelt. Auch Skiverband und DOSB sind überrascht von der Höchststrafe. Die Biathletin denkt über einen Protest nach.

Nach dem Schock über die Höchststrafe für ihr Dopingvergehen schließt Evi Sachenbacher-Stehle den Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS nicht aus. »Wir sind dabei, das Urteil zu analysieren. Alles Weitere wird entschieden, sobald wir uns ein vollständiges Bild gemacht haben«, erklärte Marc Heinkelein, der Anwalt der Biathletin am Donnerstag. Der Biathlonweltverband IBU hatte die 33-Jährige am Mittwoch wegen ihres positiven Dopingbefundes bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi für zwei Jahre gesperrt. Die 2012 zum Biathlon gewechselte zweimalige Langlauf-Olympiasiegerin hält das harte Urteil für ungerecht.

»Es ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, dass mein Fall der unbewussten Einnahme durch ein nachweislich kontaminiertes Nahrungsergänzungsmittel von der Sanktion her nun auf die gleiche Stufe wie ein vorsätzlicher EPO-Dopingsünder gestellt wird«, erklärte Sachenbacher-Stehle und sprach von einem »heftigen Urteil«. Bei den Spielen in Sotschi war ihr bei der Analyse der Dopingprobe das verbotene Stimulanzmittel Methylhexanamin nachgewiesen worden.

Überrascht vom hohen Strafmaß sind auch der Deutsche Skiverband (DSV) und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). »Es ist ein hartes Urteil für den Gebrauch von Stimulanzmitteln, die nur im Wettkampf verboten sind«, erklärte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper. »Offensichtlich hat der Weltverband keine mildernden Umstände gesehen, das hat mich angesichts anderer ähnlicher Fälle schon ein wenig erstaunt.«

Auch der ansonsten für seine Null-Toleranz-Politik bekannte DSV reagierte mit Verwunderung auf den zweijährigen Bann. »Dass Evi Sachenbacher nach ihrem Dopingvergehen von Sotschi eine Sperre erhält, war relativ klar. Allerdings hat uns die Dauer von zwei Jahren schon überrascht, weil die Regelsperre üblicherweise für bewusstes Dopen verhängt wird«, sagte DSV-Präsident Franz Steinle. »Wir gehen hingegen davon aus, dass Evi Sachenbacher fahrlässig gehandelt hat.« Vom DSV hat sie, so erklärte Steinle, voraussichtlich keine weiteren Sanktionen zu erwarten. Sie bleibe aber als Konsequenz aus der IBU-Entscheidung für alle Lehrgangsgruppen gesperrt. Ihre Karriere dürfte damit beendet sein.

Neben Sachenbacher-Stehle war auch die Russin Irina Starych, der EPO-Doping nachgewiesen wurde, für zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen worden. Die Urteile hatte das Anti-Doping-Panel der IBU gefällt, ein vom Verband unabhängiges Gremium.

Für Sachenbacher-Stehle war die gleichzeitige Verkündung des Urteils gegen Starych ein willkommener Anlass, in die Offensive zu gehen. »Es drängt sich der Verdacht auf, dass zum Thema Nahrungsergänzungsmittel anhand meines Falles nun ein Exempel statuiert werden soll«, erklärte sie schriftlich. Der Anwalt der IBU habe dies sogar bereits vor der Anhörung unmissverständlich in seinem Schriftsatz zum Ausdruck gebracht. »Er forderte die Höchststrafe und berief sich dabei unter anderem darauf, dass eine Reduzierung der Strafe ein falsches Zeichen an die Biathlonwelt aussenden würde«, so Sachenbacher-Stehle weiter. »Das hat meiner Meinung nach mit sachgerechten Erwägungen nichts mehr zu tun, sondern ist ausschließlich verbandspolitisch motiviert.«

Wenige Tage zuvor war die Sperre des jamaikanischen Sprinters Asafa Powell durch den CAS um zwölf auf sechs Monate verkürzt worden. Er war nach der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wie Sachenbacher-Stehle positiv auf ein Stimulans getestet worden. »Die Verbände behandeln Fälle unterschiedlich. Da fragt man sich, was der Grund dafür ist«, kritisierte Experte Fritz Sörgel.

Allerdings sei dies keine Ausrede für Athleten, denen verbotene Substanzen nachgewiesen würden. »Jeder ist für seinen Körper verantwortlich, für den einen Athleten sind Stimulanzien das richtige Dopingmittel und für andere EPO«, erklärte der Pharmakologe. »Ich bin für eine Gleichbehandlung. Wenn wir das Prinzip der strict liability aufgeben, sind wir verloren.« dpa/nd

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