Die Riviera bröckelt vor sich hin

Im gut besuchten Strandbad Müggelsee reicht das Geld nur für die nötigsten Reparaturen

  • Kerstin Ewald
  • Lesedauer: 4 Min.
Das Strandbad Müggelsee muss dringend saniert werden. Zu diesem Zwecke soll es eine EU-weite Ausschreibung geben. Doch offensichtlich kommt das Verfahren nur äußerst langsam voran.
Die Riviera bröckelt vor sich hin

Über den See und auf die sanften Hügel der Müggelberge wird der Blick des Besuchers gelenkt, wenn er das Strandbad Müggelsee durch den Haupteingang betritt. Von der Terrasse aus erblickt man den Sandstrand mit unzähligen Handtuch-Inseln darauf, quirlige Gruppen von Jugendlichen neben den vier Beach-Volleyballfeldern. Dann stechen die hohen Bauzäune ins Auge, die genau an der Uferkante stehen. Schilder warnen: »Achtung Unfallgefahr - Uferkante brüchig.« Abgesperrt sind auch Ost- und Westflügel der Dachterrasse. Von unten wird sie mit hölzernen Balken abgestützt.

»Von der maroden Terrasse aus gelangte jahrelang Feuchtigkeit ins Mauerwerk, die Terrasse ist jetzt immerhin dicht.« Gion Voges, Vorsitzender des Vereins »Bürger für Rahnsdorf e.V.« bemüht sich seit zehn Jahren um das Strandbad. Als 2006 die Berliner Bäderbetriebe die Bewirtschaftung des Strandbades einstellten, sicherten die »Bürger für Rahnsdorf e.V.« den Weiterbetrieb. Strand und Park sind seitdem für die Öffentlichkeit von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang kostenlos zugänglich. Die Anlage wirkt gepflegt, dauernd sind Gärtner bzw. Ein-Euro-Jobber im Einsatz, sie gießen die Blumen, halten die Toiletten sauber, beseitigen den Müll.

Doch mehr als die allernötigsten Reparaturen, eine Sicherung der sanierungsbedürftigen Bereiche sowie die Übernahme der Kosten für Müllabfuhr und Abwasser kann der Bezirk aus eigenen Mitteln nicht finanzieren.

Um das 1930 erbaute Gebäude, das vor kurzem den Rang »Kulturdenkmal von Nationaler Bedeutung« erreicht hat, angemessen zu sanieren, muss ein Investor gefunden werden. Hier sind sich der Berliner Senat, also der Eigentümer des Geländes, und der Bezirk Treptow-Köpenick, der das Bad verwaltet, einig. Doch der Weg zu einer Ausschreibung scheint kompliziert, Sand knirscht im Getriebe der zuständigen Behörden. »Die Voraussetzungen für die Ausschreibung nach EU-Recht sind anspruchsvoll, wenn das betreffende öffentliche Grundstück einen Investitionsbedarf über fünf Millionen Euro einfordert,« erklärt Angela Weniger von der Serviceeinheit Facility Management, zuständig für die geplante Ausschreibung des Strandbades Müggelsee. Seit 2012 ist das Verfahren in der Schwebe.

Der Bezirk wartet laut Weniger auf die notwendige »Entwidmung« der Senatsverwaltung des Inneren. Im Moment ist die Fläche dem Nutzungszweck »Sport und Freizeit« gewidmet, erst wenn diese Nutzung aufgehoben wird, kann das Grundstück an einen Investor nach dem Erbbaurecht vergeben werden. Die Senatsverwaltung des Inneren kann laut Pressestelle aber im Moment nichts tun, da die Senatsverwaltung für Finanzen auf ein Verkehrswertgutachten vom Bezirk wartet. Vom Bezirksamt, wo Bürgermeister Oliver Igel das Strandbad inzwischen zur Chefsache gemacht hat, kam bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme.

Schon 2011 standen Bewerber vor der Tür. Die Firma »Kühne Pool & Wellness« verfügte bereits über eine vorläufige Zusage des Bezirksamts. Für ca. 6,12 Millionen Euro sollte saniert, ein neues Eingangsgebäude errichtet, eine überdachte Badelandschaft mit Saunen und Fitnessräumen gebaut werden. In diesem Jahr hatte der Investor Sven Kühne die Bauarbeiten abschließen wollen. Auch Gil Wilk, der Architekt des Badeschiffes an der Arena Treptow, legte bereits ein Konzept für das Strandbad vor. Die Verhandlungen mit den Investoren mussten jedoch 2012 abgebrochen werden, da offensichtlich erst dann die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des EU-Rechts bekannt wurden.

Ein zukünftiger Investor und Pächter muss nicht nur den anspruchsvollen Auflagen des Denkmalschutzes gerecht werden. Er muss auch ein Entwicklungskonzept vorlegen, dass ohne Eintrittsgelder für den Strand auskommt. Geld soll durch die Verpachtung der Gewerbeflächen erwirtschaftet werden, durch das Angebot von Dienstleistungen, möglicherweise auch durch einen geschlossenen Extra-Badebereich, wie ihn Investor Kühne geplant hatte.

An heißen Tagen ist das Bad voll bis nachts um 22 Uhr. »Infrastruktur wie ein Schwimmbad, kein Eintritt!« resümiert Osman, Student im Fach Sicherheitstechnik aus dem Bezirk Mitte, der in den Semesterferien fast täglich im Strandbad anzutreffen ist. Die meisten Besucher nehmen den baulichen Zustand gelassen hin. Carolin und Saskia, zwei junge Frauen aus Treptow, finden es toll im Strandbad und wollen wiederkommen: »Naja, der Uferzugang ist blockiert. Aber an einigen Stellen kann man ja durchgehen.«

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