Korruption bleibt in Laos namenlos

Bericht offenbart Amtsmissbrauch im großen Stil, ohne Täter zu benennen

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.
120 Millionen Euro Korruptionszahlungen sind nach Ermittlungen der laotischen Behörden seit Ende 2012 geflossen.

1,2 Billionen. Bounthong Chitmany sprach diese Zahl vor den Abgeordneten der laotischen Nationalversammlung aus. Gemeint waren 1,2 Billionen Kip, umgerechnet 120 Millionen Euro. Bounthong Chitmany ist Chef der Inspektionsbehörde von Laos. Die 120 Millionen Euro sind der Betrag, der nach Ermittlungen seiner Behörde seit Ende 2012 an Korruptionszahlungen geflossen ist, festgestellt bei 300 Stichproben und fein säuberlich sortiert nach laotischen Kip, US-Dollar und thailändischen Baht aufgeführt. Das ist mehr als Champasak, die wirtschaftlich zweitstärkste Provinz des Landes am Mekong, in einem Jahr an Steuern aufbringen kann.

Bounthongs Behörde listet auch die beliebtesten Spielarten der illegalen Machenschaften auf. Amtsmissbrauch nennt er an erster Stelle, gefolgt von bewusster Verschleppung von Amtsvorgängen. Man könnte auch Nötigung dazu sagen, wenn nämlich Staatsbeamte die Bearbeitung von Dokumenten solange verzögern, bis der Antragsteller begriffen hat, dass ein »Beschleunigungsgeld« nötig ist, um das Anliegen zum Abschluss zu bringen. Auch die anderen Praktiken auf seiner Liste lesen sich nicht wie Kavaliersdelikte: Bestechung, Urkundenfälschung, Änderung technischer Standards und Projektierungsunterlagen, falsche Berechnung erbrachter Leistungen, Minderbewertung beim Verkauf staatlichen Eigentums. Letzteres ist ein beliebtes Spiel, günstig Zugang zu Grundstücken entlang neu angelegter Straßen zu erschleichen, denn das verspricht in kürzester Zeit schwindelerregenden Wertzuwachs.

Immerhin, so der oberste Inspekteur der Volksrepublik, konnten 41 Prozent des ergaunerten Geldes dem Staatshaushalt wieder zugeführt werden. Auch einige Ursachen stellte Bounthong den Abgeordneten vor: Schlechte Planung, schlechtes Management und noch schlechtere Kontrolle.

Dann aber war Schluss mit der Offenheit. Wie immer blieb der Bericht Namen und Institutionen von Betroffenen schuldig. Man kämpft gegen die Korruption, aber nicht gegen die Korrupten. Ganz selten schafft es ein Fall in die Öffentlichkeit. Wie etwa die groß angelegte Unterschlagung in der Provinz Houaphanh, über die im November letzten Jahres berichtet wurde. Damals hatten 58 Staatsangestellte über Jahre insgesamt mehr als zwei Millionen Euro aus dem Bildungsressort unterschlagen. Bestraft wurden die Verantwortlichen mit Ausschluss aus der Partei oder Aussetzung der Beförderung. Andere wurden innerhalb des Staatsapparates strafversetzt. Ein Strafprozess war angekündigt, doch wurde seitdem nichts darüber berichtet.

Da hilft auch nicht, dass Premierminister Thongsing Thammavong die Medien des Landes ermunterte, über Amtsvergehen von Staatsdienern, sei es Korruption, Bestechung oder Unterschlagung, zu berichten. Souksakhone Vaenkeo, Kolumnist der »Vientiane Times«, bleibt pessimistisch. Die Medien seines Landes, so schrieb er, sind nicht Willens, ein Risiko einzugehen.

Immerhin macht die Regierung nun ernst mit einem längst beschlossenen Gesetz. Seit kurzem sind staatliche Angestellte ab einem bestimmten Niveau und leitende Mitarbeiter staatseigener Unternehmen in der Pflicht, ihr Eigentum sowie das ihrer nächsten Angehörigen zu deklarieren. Dazu gehören Bar- und Bankguthaben, Immobilien- wie auch Aktien- und Fahrzeugbesitz. Die Erklärung soll alle zwei Jahre einzureichen sein. Die Mitteilungen werden laut Gesetz vertraulich behandelt. Was im Falle ungewöhnlichen Wohlstands oder einer außergewöhnlichen Zunahme desselben geschieht, wurde bisher nicht publik.

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