Republikaner wollen Barack Obama verklagen

Mehrheit im Repräsentantenhaus wirft dem Präsidenten mehrfache Überschreitung verfassungsmäßiger Kompetenzen vor

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Präsident Obama soll in mehreren Fällen seine Befugnisse überschritten haben. Das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus hat daher für eine Klage vor einem Bundesgericht gestimmt.

Mit 225 gegen 201 Stimmen haben die Republikaner im Repräsentantenhaus einen in der Geschichte der USA einmaligen Vorgang beschlossen: Ein Verfassungsorgan wird gegen den amtierenden Präsidenten klagen. So sieht es die Resolution vor, die John Boehner, den Präsidenten (Speaker) des Abgeordnetenhauses, ermächtigt, von den Parlamentsanwälten eine Klage wegen der Überschreitung verfassungsmäßiger Kompetenzen gegen Präsident Barack Obama vorzubereiten.

Alle Abgeordneten der Demokratischen Partei stimmten gegen die Resolution. Boehner, ein Republikaner aus Ohio, muss sie jedoch anders als ein Gesetz nicht zur Billigung an den Senat weiterleiten. Dort wäre eine Ablehnung durch die Mehrheit der Demokraten sicher. Die Klage kann bei einem Bundesgericht eingereicht werden.

Obama, so der Vorwurf, habe zum einen illegale und einseitige Veränderungen am Gesetz über die Gesundheitsreform vorgenommen, im Sprachgebrauch »Obamacare« genannt. Weiter wird ihm vorgehalten, illegal fünf Taliban-Kämpfer aus dem Militärgefängnis Guantanamo entlassen zu haben, um den als Geisel in Afghanistan festgehaltenen Sergeanten Bowe Bergdahl freizubekommen. Und ihm wird vorgeworfen, gesetzwidrig die Grenzpolizei gehindert zu haben, illegal in die USA eingewanderte Kinder in ihre Heimatländer abzuschieben.

»Die Vertreter des Volkes werden ihre Augen nicht vor der Gesetzlosigkeit dieses Präsidenten verschließen«, sagte der republikanische Abgeordnete Doug Lamborn aus Colorado. »Wir werden alles tun, was nötig ist, um ihn und künftige Besetzer des Oval Office zur Rechenschaft zu ziehen.«

Die Klage gegen den Präsidenten wegen verfassungswidrigen Verhaltens ist kein Verfahren zur Amtsenthebung. Das steht in den USA nur dem Kongress, nicht aber einem Gericht zu. Ein Richter kann Obama nur auffordern, bestimmte Handlungen zu unterlassen, und er kann ihn bestrafen.

Wieweit ein einfacher Bundesgerichtshof (federal court) dabei gegenüber dem Präsidenten gehen darf, ist umstritten. In jedem Fall kann der Supreme Court, das höchste Gericht der USA, ein Urteil über die Handlungen des Präsidenten sprechen. Er darf aber nur entscheiden, ob eine bestimmte Aktion gegen die Verfassung verstoßen hat.

Es sei auch möglich, dass der Oberste Gerichtshof oder schon ein Bundesrichter sich weigerten, die Klage anzunehmen, meint die Rechtsprofessorin Tara Grove aus Virginia. »Wir befinden uns auf Neuland. Und ich denke, jedes Gericht würde versuchen, da nicht hineingezogen zu werden.« Sie wäre überrascht, wenn ein Gericht die Klage annähme.

In Washington wurden schon Vergleiche zum Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Bill Clinton 1998 gezogen. Der Demokrat hatte über seine Sexaffäre mit Monica Lewinsky gelogen. Er wurde zwar überführt, blieb aber im Amt. Bei den folgenden Wahlen verloren die Republikaner einige Sitze im Kongress. Auch jetzt zeigt sich das politische Washington gespalten wie damals. Und beide Parteien nutzen die anstehende Klage gegen Obama schon als Argument im Wahlkampf für den November, wenn ein Drittel des Senats und das gesamte Abgeordnetenhaus neu gewählt werden.

Obama griff in einer Rede in Kansas City die Republikaner scharf an. Er habe die umstrittenen Handlungen vornehmen müssen, weil die Opposition alles im Kongress blockiere. »Hört auf, verrückt zu spielen. Hört auf, ständig zu hassen«, sagte Obama zu den Republikanern. »Der einzige Grund, warum ich allein gehandelt habe, ist, dass Sie überhaupt nichts tun.«

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